Donnerstag, Februar 16, 2006

Die Unbestechlichen

Auch im deutschen Fernsehen wurde die amerikanische Serie (1959 -1963) Die Unbestechlichen (später verfilmt mit Kevin Kostner in der Hauptrolle) um den FBI-Agenten Eliot Ness zu den Zeiten des Alkoholverbots in den USA schon einige Male ausgestrahlt. Ayn Rand schüttete in einem Artikel vom 8. Juli 1962 in der Los Angeles Times Lobeshymmnen über die Serie aus, die sie als "zutiefst moralische Sendereihe" bezeichnete. Den Kritikern der Serie warf sie vor, sie für ihre Tugenden zu verdammen, für den Triumph über die Kriminellen und ihren moralischen Absolutismus. Die Gangster werden in der Serie als "verängstigte Ratten" dargestellt, denen die Männer um Eliot Ness, dargestellt von Robert Stack, gegenüberstehen, der selbst bei ausgesprochen bleihaltiger Luft weder seine Contenance noch seinen Hut jemals verlieren würde: "Durch die nüchterne, ernste Verbissenheit in seinem Auftreten, das totale Selbstvertrauen sogar in Momenten einer vorübergehenden Niederlage, so total, dass sie es sich leisten kann, unbetont zu bleiben, die kontrollierte Intensität, das stille absolute Bekenntnis zu der moralischen Gerechtigkeit seiner Aufgabe, transportiert Stack die Integrität eines wahrhaft unbestechlichen Mannes - eines Mannes, den das Böse nicht in Versuchung führen kann, weil es ihm nichts anzubieten hat."

Samstag, Februar 11, 2006

Der Kapitalismus befreit den menschlichen Geist

Die Geschichte des Kapitalismus ist sicherlich mehr als eine Geschichte der Missverständnisse: sie ist eine Geschichte von bewußten Lügen und Verzerrungen. Durchgesetzt hat sich eine linke Mythologie, die nicht nur die akademische Diskussion beherrscht, sondern auch die Medien und die Wahrnehmung großer Teile der Bevölkerung. Dabei sollte es doch nach dem Elend, dem Terror und dem schließlichen Zusammenbruch der -meisten- sozialistischen Herrschaftssystem auf der einen Seite, und der grandiosen Vermehrung des Lebensstandards und dem steilen Anstieg der Lebenserwartung in den westlich-kapitalistischen Systemen auf der anderen Seite, ein leichtes sein, den humanen Charakter des Kapitalismus anzuerkennen. Das dies nicht so ist, sollte alle Anhänger eines Laissez-faire-Kapitalismus herausfordern, sich in die intellektuelle Debatte einzumischen und der Anerkennung der Fakten zum Durchbruch zu verhelfen. Der Philosoph Andrew Bernstein, der sich in der Tradition von Ayn Rands Philosophie des Objektivismus sieht, hat dies mit seinem Buch The Capitalist Manifesto in vorzüglicher Weise getan.
Der Kapitalismus, daran läßt Bernstein keinen Zweifel, ist das System, das auf der Anerkennung der Individualrechte basiert, mit einer Regierung, deren einziger Zweck es ist, diese Rechte zu verteidigen. Diese Individualrechte bestehen aus dem Recht, seinem eigenen Urteil entsprechend handeln zu können, unter Beachtung der Rechte anderer Personen, die nicht verletzt werden dürfen. Die Quelle dieser Rechte sind nicht übernatürliche Phantasien oder soziale Konventionen, sondern ihr Ursprung liegt im Gesetz der Identität, wie Ayn Rand es so eloquent in ihrem Roman Atlas Shrugged formulierte: "A gleich A - und Mensch ist Mensch. Rechte sind Existenzbedingungen, gefordert durch die Natur des Menschen zum Zwecke seines eigenen Überlebens." Als potenzielle Rechtsverletzer kommen Privatpersonen in Frage, die als Kriminelle gegen das Eigentum, das Leben und die Gesundheit von rechtstreuen Bürgern vorgehen, aber vor allem die eigene Regierung, die das Gewaltmonopol innerhalb eines bestimmten geographischen Raumes innehat: "Eine diktatorische Regierung ist eine weitaus schlimmere Bedrohung für die Menschen als ein gewöhnlicher Krimineller." Aus der Verpflichtung der Regierung, die Individualrechte zu schützen, ergibt sich zum Beispiel auch die Notwendigkeit, die militärische Verteidigung eines Landes ausschließlich mit Freiwilligen zu organisieren, ohne die Anwendung einer Wehrpflicht. Auch darf es nicht Aufgabe der Regierung sein, erwachsene Personen von Handlungen abzuhalten, die irrational oder selbstzerstörerisch sein können, die aber keine Anwendung von Gewalt gegen andere Personen implizieren. Nur durch die direkte Anwendung physischer Gewalt oder indirekt in der Form von Betrug können Menschen davon abgehalten werden, ihrem eigenen Urteil im Streben nach ihrem persönlichen Glück zu folgen. Der Kapitalismus erfordert deshalb als ein moralisches Prinzip ein umfassendes Verbot der Initierung von Gewalt. Ein solches System der konsequenten Verteidigung der Individualrechte, stellt Bernstein fest, hat es in der Geschichte bisher nicht gegeben. Es waren die Nordstaaten des USA am Ende des 19. Jahrhunderts, die diesem Ideal bisher am nähsten gekommen sind (Bernstein erwähnt nicht explizit, weshalb die Südstaaten diesem Ideal nicht annähernd entsprechen konnten, wie es etwa Ayn Rand 1977 im Ford Hall Forum tat: "Der Süden war nie ein Beispiel für Kapitalismus; er war eine landwirtschaftliche, feudale Gesellschaft.").
Es ist zentral für ein richtiges Verständnis des Kapitalismus" schreibt Bernstein, "dass seine philosophische Essenz unterschieden wird von den mangelhaften historischen Versuchen, sie zu implementieren." Ein damit zusammenhängendes Missverständnis besteht aus dem Versuch, aus dem Verhalten von individuellen Kapitalisten die Natur des Kapitalismus abzuleiten. Ebenso falsch wäre es, aus den mörderischen Aktivitäten von Diktatoren wie Hitler oder Stalin auf die Natur von Staaten zu schließen (Hitler und Stalin repräsentieren die Natur des Etatismus). Weder die Geschichte des Kapitalismus noch die Handlungen der Kapitalisten vermögen die fundamentale Natur des Systems zu verändern: kein Konsensus unter den Unternehmern könnte zum Beispiel etwas an der Natur von Zöllen ändern. Bernstein prägt für diese Versuche der Vermischung von historischen Fakten mit der Essenz des Kapitalismus den Begriff "empiristischer Fehler". Der Kapitalismus ist aber nicht nur ein moralisches System, sondern aus seiner Moralität erwächst auch seine praktische Überlegenheit gegenüber allen anderen Gesellschaftssystemen: "Der Kapitalismus schützt das unveräußerliche Recht des Individuums auf sein Leben, und ist deshalb das einzig moralische System. Weil er die Rechte und den Geist von allen Individuen respektiert, kann er einen gewaltigen Reichtum schaffen, und ist deshalb das einzig praktische System."

Mittwoch, Februar 08, 2006

Erinnerung an Kay Nolte Smith (1932 - 1993)


Michelle Fram Cohen erinnert in einem Beitrag für TheAtlassphere.com an die Schrifstellerin Kay Nolte Smith, die zum Zirkel um Ayn Rand gehörte und auch für die Zeitschrift The Objectivist schrieb: " (...) Kay Nolte Smith war die produktivste, erfolgreichste und originellste Romanautorin aus dem inneren Zirkel von Ayn Rand." Tatsächlich war Smith überaus produktiv, wenn man bedenkt, dass ihr erster Roman "The Watcher" 1981 erschien und und sie bis zu ihrem Tod 1993 immerhin acht Bücher produzierte, einschließlich einer Übersetzung. Der besagte Roman "The Watcher" wurde 1981 mit dem Edgar Allan Poe Award in der Kategorie "Best First Novel" ausgezeichnet. Zahlreiche ihrer Werke wurden auch ins Deutsche übersetzt. Über Booklooker.com sind die Romane "Verdammte Seelen", "Die Schöne und der Zwerg", "Feuerprobe" und "Sterbelied für Sopran" zu beziehen. Greg Swann schreibt in seinem Aufsatz "The Art and Science of Kay Nolte Smith, Novelist", dass sie die einzige objektivistische Romanautorin wäre, die sich mit Rand vergleichen ließe bezüglich ihrer ästhetischen Bedeutung.

Samstag, Februar 04, 2006

Bushs Rede über die Freiheit

Der objektivistische Philosoph Harry Binswanger hat sich erfreut gezeigt über eine außenpolitische Rede, die Präsident Bush am 8. März 2005 vor der National Defense University in Washington gehalten hat (Original, deutsche Übersetzung). Dies sei keine Rede, wie sie ein Objektivist halte würde, schreibt Binswanger, sie enthalte einige falsche Begriffe, aber erstaunlich wenige, fügt Binswanger an. Es sei eine säkulare Stellungnahme, sie enthalte kaum Religion und für die Erwähnung des Begriffs "individuelle Rechte" durch Bush empfinde er sogar Dankbarkeit": "Ich höre nie 'individuelle Rechte' von Konservativen, und selten von Libertären (man beachte, dass ihr zweimaliger Präsidentschaftskandidat Harry Browne ein Buch geschrieben hat, wo er ein ganzes Kapitel dafür verwendet, die Idee der Rechte zu attackieren.) Terminologie ist bedeutsam. Der Begriff 'individuelle Rechte', wenn seine Verwendung und Akzeptanz zunimmt, orientiert die Menschen auf ein individualistisches Bezugssystem und rettet das gesellschaftlich-politische Denken vor der kollektivistischen Praxis des Denkens in Kategorien der Gemeinschaft, der Rasse oder Familie." Besonders stellt Binswanger heraus, dass Bush festgestellt habe, dass Amerika auf den Individualrechten gegründet wurde: "Es erfordert Mut dazu, mit Stolz festzustellen, dass Amerika auf dem Prinzip der individuellen Rechte gegründet wurde." Bei dem von Binswanger erwähnten Buch von Harry Browne handelt es sich vermutlich um dessen How I Found Freedom in an Unfree World. Dort gibt es in der Tat ein Kapitel mit der Überschrift "The Rights Trap". Der Libertäre Browne behauptet dort, dass eine "Rechte-Falle" gebe, die -aus seiner Sicht fälschlicherweise- davon ausgehe , dass Rechte Menschen frei machten. Ehrlicherweise gibt Browne zu, dass er zwar für die Schriften von Murray Rothbard und Ayn Rand Dankbarkeit empfinde, aber es "bedeutsame philosophische Unterschiede" zu den genannten gebe.

Freitag, Februar 03, 2006

Die Rechte von Kindern

Russel Madden beschäftigt sich auf der Website von Rebirth of Reason mit Problem der Rechte von Kindern. In dieser Frage werden unterschiedlichste Meinungen geäußert. Das Kind sei "das Eigentum" seiner Eltern, Kinder hätten keinerlei Rechte oder Kinder hätten alle Rechte. Ayn Rand hatte in ihren Romanen keine Kinder zu Wort kommen lassen, da sie davon ausging, dass die Fähigkeit zur Ausübung von individuellen Rechten eine Eigenschaft von Erwachsenen sei.

Madden geht bei der Diskussion dieser Frage zunächst davon aus, dass die Frage der individuellen Rechte keine Frage des alles-oder-nichts sei: "Kontext - der volle Kontext - irgendeiner spezifischen Frage und/oder seine Anwendung auf spezifische Umstände ist entscheidend zur Erreichung eines Verständnisses, die mit der Wirklichkeit korrespondiert."
Der Kontext erfordert in dieser spezifischen Frage die Klärung der Funktion von Rechten.
Von Rechten zu sprechen macht nur Sinn im Kontext einer Gesellschaft. Auf einer einsamen Insel braucht sich niemand Gedanken über seine Rechte zu machen, da kein Staat oder keine anderen Personen existieren, die ihm seine Rechte streitig machen könnten. Rechte haben demnach die Funktion, andere daran zu hindern, sich gewaltsam in die Versuche eines Menschen einzumischen, die sein eigenes Leben betreffenden Entscheidungen zu verwirklichen. Um solche Entscheidungen zu treffen, benötigt der Mensch einen freien Willen, ein Bewußtsein, das ihm die Kapazität gibt, Entscheidungen unter verschiedenen Alternativen zu treffen. Diese rationale Kapazität des Menschen ist abhängig von der Entwicklung seines Gehirns. Madden geht davon aus, dass diese Kapazität eines Menschen sich ungefähr um das 18. Lebensjahr herausgebildet hat, plus oder minus einiger Jahre. Vorstellbar wäre eine Individualisierung der Zuteilung der vollen Rechtsfähigkeit, die dann vergeben werden kann, wenn sich der Jugendliche einem Test unterzieht und die volle finanzielle Unabhängigkeit gegeben ist. Wer immer aber die vollen Rechte eines Erwachsenen hat, kann keine Unterstützung mehr von seinen Eltern einfordern, sondern sie nur noch erbitten. Bevor jemand die vollen Rechte erworben hat, haben die Eltern allerdings die positive Verpflichtung, für die grundlegenden Bedürfnisse zu sorgen:

"So lang wie ein Kind physisch und mental unfähig zur Unabhängigkeit ist, sind seine Eltern verpflichtet, ihm die Unterstüzung zu bieten, die für sein Überleben und seine Entwicklung erforderlich ist. Aber zusammen mit dieser Verantwortung erwächst die Autorität (moralisch und legal) und das Recht, grundlegende Entscheidungen für das Kind zu treffen. Verantwortung ohne Autorität ist Sklaverei."

Donnerstag, Februar 02, 2006

Post-DIM-Aktivismus

Noumenalself gehörte im Jahr 2004 offenbar zu den Teilnehmern des DIM-Kursus (der für 310 $ beim Ayn Rand Bookstore bezogen werden kann, das Buch "The DIM Hypothesis" ist derzeit noch nicht erschienen) von Leonard Peikoff: "In diesem Kursus argumentiert Dr. Peikoff, dass die primäre Gefahr, die unserer Kultur heute droht, nicht von der Linken oder den islamistischen Terroristen ausgeht, sondern von der altmodischen Religion. Diese Schlussfolgerung basiert auf seiner DIM-Hypothese (Disintegration-Integration-Misintegration) und ihrer Anwendung auf die Geschichte. Heute, da die Linke den Marxismus im speziellen und 'Ideologie' im allgemeinen aufgegeben hat, treibt sie im 'D'". Das bedeutet Anti-Prinzipien, Anti-Absoluta, Anti-Integration. Dr. Peikoff's Argument ist, dass die Anti-Integrations-Sichtweise grundsätzlich kulturell machtlos ist, weil sie den Menschen keine wirkliche Anleitung für ihr Leben liefern kann. Die Linke ist nur fähig, die Menschen dadurch zu motivieren, dass sie auf Prinzipien wie den Altruismus zurückgreift, die sie gewöhnlich von der Religion entnommen hat. Die Religon bietet Anleitung, weil sie an die Integration glaubt, wenn auch Misintegration ist, Integration abgeschnitten von der Realität. Und tatsächlich befindet sich die Religion im Aufschwung in Amerika, besonders die fundamentalistische, evangelikale Richtung." Noumalself hält Peikoffs These grundsätzlich für richtig, wenn man auch, wie er schreibt, bestimmte Aspekte und Applikationen dieser Sichtweise diskutieren könnte.
Noumenalself schreibt in einem anschließenden Diskussionsbeitrag, dass er skeptisch hinsichtlich Dr. Peikoffs These war, dass eine religiöse Theokratie drohe. Bis zur letzten Lektion von Peikoffs Kursus hielt er D (Disintegration) und nicht M (Misintegration) für die Zukunft Amerikas. Dr. Peikoff zitiert in dem Kurs eine Studie, die sagt, dass 70 % der Studenten betet, Religion mit Freunden diskutiert oder spirituelle Stärke aus dem Glauben an Gott zieht. Noumenalself hat dann ein wenig recherchiert, um die Entwicklung des religiösen Glaubens in den letzten dreißig bis vierzig Jahren zu untersuchen. Umfragen von Gallup, die nach der Bedeutung der Religion für das eigene Leben fragen, lassen allerdings keinen klaren Trend zu mehr Religiösität erkennen, eher das Gegenteil. 2004 hielten 84 % der Befragten Religion für sehr oder ziemlich wichtig für ihr eigenes Leben. 1999 waren es 88 % gewesen, 1993 91 %, 1965 92 %. Es gibt allerdings auch andere Statistiken, die eine Art von expliziter religiöser Philosophie belegen könnten. So ist die Zahl der evangelikalen Christen weltweit seit 1970 um 126 % gestiegen. Nach einer Umfrage des Pew Research Center vom Dezember 1997, zweifelten 71 % der Amerikaner "nie" an der Existenz Gottes, 11 % mehr als vor 10 Jahren.
Noumenalself sieht zwar einen allgemeinen Rückgang von Gläubigen, gleichzeitig auch einen Trend innerhalb der Religiösen hin zu den Fundamentalisten und Evangelikalen. Dies würde bedeuten, schreibt er, dass die Mitte sich auflöst, aber gleichzeitig die Ränder stärker werden. Dies läßt ihn sich fragen, ob nicht die Gefahr eines Bürgerkriegs größer ist als die Gefahr einer theokratischen Diktatur. Dass Linke auch religiös seien, hält er für richtig. Aber dies sei gerade ein Beweis für den Einfluss der Religion, wenn der religiöse Glauben tatsächlich ihre Politik beeinflussen würde: "Und wenn die Linken plötzlich an die Religion appellieren, wo sie es vorher nicht taten, dann nur, weil die Rechten es ihnen vormachten."

Mittwoch, Februar 01, 2006

Eine außenpolitische Bibel für Amerika

Dr. Harry Binswanger vom Ayn Rand Institute zeigt sich angetan von Peter Schwartz neuem Buch The Foreign Policy of Self-Interest: A Moral Ideal for America. Es könne als "außenpolitische Bibel für Amerika und jedes andere freie Land" dienen und es wäre auch eine wunderbare Sache, wenn viele amerikanische Soldaten dieses Buch lesen könnten, schreibt Binswanger. Der Autor sieht durch dieses Buch deutlich den Kontrast aufgezeigt, zwischen dem, was gewesen ist in den letzten 60 Jahren, und dem, was sein sollte, d. h. richtig und praktisch ist: "Objektivisten sind ziemlich vertraut mit der Idee des nationalen Selbstinteresses als dem Polarstern der Außenpolitik, aber was ich besonders bewunderswert an diesem Werk fand, ist, dass es einige Schritte weiter geht und folgende Fragen beantwortet: Was genau macht das nationale Selbstinteresse aus? Wie sollte es definiert werden? Was sind die abgeleiteten Prinzipien (analog zu den Tugenden, die in der Ethik abgeleitet werden vom Wertmaßstab)? Wie unterscheidet sich Sorge um das nationale Interesse von 'Realpolitik'?". Binswanger lobt den souveränen, geschickten und präzisen Stil des Buches. Die Abstraktionen würden konkretisiert durch konkrete Beispiele aus aktuellen Ereignissen

Nationalsozialismus, Faschismus und New Deal: entfernte Verwandtschaft

Der Kulturhistoriker Wolfgang Schivelbusch hat einen Blick auf die Geschichte der USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geworfen und hat eine "entfernte Verwandtschaft" zwischen Nationalsozialismus, Faschismus und Amerikas Politik des "New Deal" entdeckt. "Doch wie entfernt die Verwandtschaft auch war, es handelte sich um eine solche", schreibt Eckard Fuhr in DIE WELT. Europa und Amerika waren sich in dieser Zeitspanne kulturell so nah wie zuvor, auf der Basis der Ablehnung des verbindenden liberalen Erbes. Eckard Fuhr schreibt über den Amtsantritt von Franklin D. Roosevelt im Jahr 1933: "Die heldische Verachtung für die 'Händler' findet sich nicht nur in der faschistisch-nationalsozialistischen Ideologie, sondern als Motiv auch in der Antrittsrede Roosevelts 1933, der sich im März dieses Jahres vom Kongress präsidiale Vollmachten geben ließ, die in der amerikanischen Geschichte für Friedenszeiten beispiellos sind." Der große Wendepunkt in der amerikanischen Geschichte war allerdings nicht der New Deal, sondern die Progressive Ära der ersten beiden Jahrzehnte des Jahrhunderts, die "die Geburt des realen Kollektivismus" in der amerikanischen Regierung präsentierte, wie Leonard Peikoff es formuliert und die verbunden ist mit solchen Namen wie Theodore Roosevelt, Herbert Croly und Woodrow Wilson. "Alle nachfolgenden etatistischen Bewegungen in diesem Land, einschließlich des New Deal und der Neuen Linken, gingen von ihr aus und bauten auf sie auf", schreibt Peikoff. Der "idealistische" Präsident Wilson war es, der ein zögerndes Amerika in das Schlachtfest des 1. Weltkrieges führte, aus "uneigennützigen" Gründen, wie er feststellte, nicht aus dem Interesse Amerikas geboren. Herbert Croly war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift The New Republic, und ein Berater von Theodore Roosevelt, Amerikas erstem überzeugten antikapitalistischem Präsidenten. Croly war der Sohn eines amerikanischen Anhängers von Auguste Comte, der das Wort "Altruismus" geprägt hatte, und selbst Schüler von Josiah Royce, Amerikas führendem Hegelianer zu seiner Zeit, der seine Schüler lehrte, dass der Individualismus "eine Sünde gegen den Heiligen Geist" sei. Wie nah auch schließlich Amerika einem Faschismus kommen sollte, anders als Deutschland oder Italien hat es diese Grenze doch letztendlich nicht überschritten, dank eines immer noch stark verankertem Individualismus in der Bevölkerung.

Kapitalismus oder Barbarei

Im Jahr 2003 veröffentlichte die Zeitschrift MERKUR das Sonderheft "Kapitalismus oder Barbarei?", das u. a. auch den Aufsatz "Ayn Rand und ihre Feier des Kapitalismus" von Eberhard Sens enthält. Über Rands Philosophie des Objektivismus erfährt man in diesem Aufsatz relativ wenig -vermutlich könnte Sens dies auch gar nicht leisten-, aber über das Leben und die Leidenschaft der Ayn Rand erfährt man doch einiges, und dies aus einer recht wohlwollenden Perspektive.
Über Rands Philosophie schreibt Sens in Anspielung auf ihre Erfahrungen im stalinistischen Russland:

"Rands Denksystem heißt 'Objektivismus', sie führt ihn auf Aristoteles zurück. Der Objektivismus hat klare Voraussetzungen und 'basic principles': objektive Realität, Vernunft, Eigeninteresse, Kapitalismus. Und anschließend das Kleingedruckte mit den Ausführungsbestimmungen. Im Hintergrund stehen sicherlich die frühe Erfahrung, mitansehen zu müssen, wie plötzlich alles relativ und schwankend wird und umstürzt - Brecht: 'Das Sichere ist nicht sicher, so wie es ist, bleibt es nicht' -, und die erstaunlichen sowjetischen Leistungen im Uminterpretieren, Umdrehen und Umlügen der Realität. Stalin, der Sprachwissenschaftler. Da sollte es auf dem Papier wieder sicher werden, A muß A sein und bleiben."

Donnerstag, Januar 19, 2006

Der ultimative Wert

Während Immanuel Kant eine Selbsttötung auch dann ablehnte, wenn objektive Gründe dafür sprechen, sagte Ayn Rand, dass eine Selbsttötung zum Beispiel angemessen sein kann in Fällen einer tödlichen Erkankung oder dann, wenn jemand seinen Partner verloren hat. "Aber", schreibt Don Watkins auf seinem Blog, "dies impliziert nicht, dass das Leben nicht der ultimative Wert ist. Die Tatsache, dass jemand sich entscheiden könnte, aufgrund von Schmerzen nicht weiterzuleben, bedeutet nicht, dass Freude der ultimative Wert ist. Es bedeutet, dass Freude ein notwendiges Mittel ist, um sein Leben als ultimativen Wert anzustreben. Wenn das Mittel nicht mehr möglich ist, kann die Entscheidung, das Ziel nicht mehr anzustreben, rational sein."

Montag, Januar 16, 2006

Wie Kant Raum für den Glauben schafft

In der Ausgabe Oktober 1975 der Zeitschrift The Ayn Rand Letter beschäftigt sich Ayn Rand in dem Aufsatz "From The Horse's Mouth" (auch enthalten in dem Sammelband Philosophy: Who Needs It?) mit dem Buch "Immanuel Kant: Sein Leben und seine Lehre" (englisch: "Immanuel Kant: His Life and Doctrin") des deutschen Philosophen Friedrich Paulsen (1846 - 1908). Paulsen ist ein überzeugter (wenn auch kein unbedingter) Anhänger Kants und seine Darstellung der Philosophie Kants ist so empörend für Rand, weil sie sein Buch als ein Symptom ansieht für die Zustand der Welt des 19. Jahrhundert (das Buch erschien 1898), eine Welt, die existenziell die beste war in der Geschichte des Westens, philosophisch aber die schlechteste: "Paulsen demonstriert nur, wie vollständig diese Bösartigkeit sich verbreitet hatte in der westlichen Kultur am Anbeginn des 20. Jahrhunderts." Und die Ursache dieser Bösartigkeit liegt im Wirken des Philosophen aus Königsberg. Der "ehrliche Kommentator" Paulsen, so Rand, versuche gar nicht, Kants Philosophie zu verschleiern: "Es gibt drei Verhaltensweisen des Geistes zur Wirklichkeit, die Anspruch auf Wahrheit machen: Religion, Philosophie und Wissenschaft. (...) Im Allgemeinen nimmt die Philosophie eine Mittelstellung zwischen Wissenschaft und Religion ein. (...) Als ihre eigentümliche Aufgabe stellt sich der geschichtlichen Betrachtung eben darum die Vermittlung zwischen Wissenschaft und Religion dar; sie strebt das Wissen und den Glauben zur Einheit zu führen und dadurch die Einheit des geistigen Lebens herzustellen. Sie leistet das dem Einzelnen und der Gesamtheit; wie sie dort zwischen Kopf und Herz vermittelt, so hindert sie hier, dass Wissenschaft und Religion einander völlig fremd und gleichgültig werden, dass das geistige Leben des Volks auseinander fällt in glaubensscheue Wissenschaft und wissensscheuen Glauben oder Aberglauben." (zitiert nach dem deutschen Original, Stuttgart 1924, 7. Auflage) Die Konflikt zwischen Wissen und Glauben, erklärt Paulsen, habe "sich durch die ganze Geschichte der menschlichen Denkens" (S. 4) gezogen und Kants große Leistung bestehe daraus, dass er sie versöhnt habe: "So löst die kritische Philosophie das alte Problem des Verhältnisses von Wissen und Glauben auf. Kant ist überzeugt, dass es ihm gelungen ist, durch richtige Grenzscheidung der Gebiete den Grund zu einem ehrlichen und dauernden Frieden zwischen ihnen gelegt zu haben. In der Tat wird hierauf in erster Linie die Bedeutung und Lebenskraft seiner Philosophie beruhen. Im einzelnen mag uns manches an ihr unanehmbar sein, das ist ihr bleibendes Verdienst, dass die Grenzlinie zwischen dem Wissen und Glauben in großen Zügen zum erstenmal mit sicherer Hand gezogen hat: sie gibt dem Wissen, was ihm gehört, die ganz Welt der Erscheinung zu freiester Untersuchung; sie gibt andererseits dem Glauben, was sein ewiges Recht ist: die Deutung des Lebens und der Welt aus dem Gesichtspunkt der Werte." (S. 6) Diese Aufteilung, lautet Rands Interpretation, erlaubt der Vernunft, die materielle Welt zu erobern, aber eliminiert sie von der Auswahl der Ziele, für die die materiellen Errungenschaften eingesetzt werden sollen: "In Kants System hat die Moralität nichts zu tun mit dieser Welt, auch nichts mit der Vernunft oder der Wissenschaft, sondern kommt -durch die Gefühle- aus einer anderen, unerkennbaren, 'noumenalen' Dimension." Rand beschreibt anhand eines Beispiels die praktischen Folgen einer Begrenzung der Wissenschaft auf die materielle Welt und des Glaubens auf den Bereich der Moralität und macht die überlebenswichtige Bedeutung der Philosophie dadurch deutlich: "Was wäre, wenn einer von jenen Männern politische Macht bekommen würde, und müßte über die Frage entscheiden, ob er einen Atomkrieg auslösen möchte. Als ein Kantianer müßte er diese Entscheidung nicht aufgrund von Vernunft, Wissen und Fakten treffen, sondern aufgrund des Drängens des Glaubens, d.h. von Gefühlen, d. h. von Launen."

Sonntag, Januar 08, 2006

Buckley erfolglos auf der Spur der amerikanischen Rechten

William F. Buckley Jr., -Autor, Kolumnist und Gründer des Magazins National Review-, hat einen politischen Roman geschrieben (Getting it Right - Publishers Weekly spricht von einem "sentimental bildungsroman"), der die internen Debatten der amerikanischen Rechten während der turbulenten sechziger Jahre widerspiegeln soll, und die Weisheit der Personen um den National Review selbstverständlich. Dabei zeigt der Autor die Desillusionierung einer Ayn-Rand-Gefolgsfrau, die er Leonora Goldstein nennt, und eines Funktionärs der konservativen The John Birch Society. Ayn Rand bezeichnete den National Review im Playboy-Interview des Jahres 1964 als das schlimmste und gefährlichste Magazin Amerikas, weil es den Kapitalismus an die Religion binde.

Justin Raimondo, Biograph von Murray Rothbard, weist in antiwar.com (eine Site, die man ansonsten meiden sollte) zutreffend auf die falsche Darstellung der Positionen Rands durch Buckley hin:
"In seinem Porträt von Rand als einer größenwahnsinnigen Kultistin, läßt Buckley sie sagen, dass ihre Romane die Absicht hätten, als 'ein Katalysator für den gesellschaftlichen Wandel' zu wirken, was das direkte Gegenteil von Rands tatsächlicher Position ist, nämlich die einer 'Kunst, um der Kunst willen', deutlich erklärt in ihrem allgemein zugänglichen Essay 'The Goal of My Writing'.

Das Sexleben der russischstämmigen Autorin ist von größerem Interesse für Buckley als alles, was sie je geschrieben hat. Mit Ausnahme einer kurzen Textpassage, ist er sehr bemüht, sie nicht wörtlich zu zitieren. Das Ergebnis besteht aus einer konsequenten Verfälschung der Ansichten Rands. Sie war nie Anarchistin, wie Buckley andeutet. Außerdem war Rand alles andere als eine Gegnerin des Kaltes Krieges - sie unterstützte ihn, und schrieb, dass es moralisch gerechtfertigt wäre, in jedes kommunistische Land einzumarschieren."

Donnerstag, Januar 05, 2006

Der "Randianer" Murray Rothbard?

Eine lebhafte Diskussion hat der Aufsatz "Murray Rothbard's Randian Austrianism" von Edward W. Younkins auf RebirthofReason.com ausgelöst. Adam Reed schreibt, es sei skandalös irgendetwas an Rothbard als "randianisch" zu beschreiben, da Rothbard explizit für eine thomistische Epistemologie (Anmerkung: Der Thomismus ist die offizielle Philosophie der katholischen Kirche. Siehe hier) eingetreten wäre, wohingegen Rand in ihrem Buch "Introduction to Objectivist Epistemology" den thomistischen Intrinsizismus ausdrücklich zurückgewiesen hätte: "Rands Ethik basiert auf empirischen, kontextuell beobachteten Fakten der Realität, beginnend mit der Überlegung, dass das Leben ein Prozess des selbsterhaltenden Handelns ist - eine Position, die absolut alles in der Ethik ausschließt, was metanormativ ist. Rothbard befürwortete natürlich eine intrinsizistische Ethik (...)" Rothbard hätte Rand auch nie als etwas anderes als eine intellektuelle Opponentin angesehen, die er versuchte, lächerlich zu machen, als er sie nicht widerlegen konnte. Lindsey Perigo pflichtet ihm bei und fragt, warum das Unversöhnliche versöhnt werden solle, wie dies auch im Fall Rand und von Mises versucht worden ist.

Ayn Rands Metaphysik

Auf der Ebene der Metaphysik, dem ersten philosophischen Zweig des Wissens, beginnt der Objektivismus mit Axiomen, mit fundamentalen Wahrheiten, die nicht von anderen Wahrheiten abgeleitet werden können, sondern durch direkte Wahrnehmung erkannt werden können und die keiner weiteren Erklärungen oder Beweises bedürfen. Die drei grundlegenden philosophischen Axiome des Objektivismus sind Existenz, Bewusstsein und Identität. Edward W. Younkins schreibt in einem Beitrag über Ayn Rands Metaphysik und Epistemologie auf RebirthofReason.com zum Primat der Existenz: "Die Welt existiert unabhängig vom menschlichen Geist und ist da, um von ihm entdeckt zu werden. Um bewusst zu sein, müssen wir von irgendeiner Sache bewusst sein. Es kann kein Bewusstsein geben, wenn nichts existiert. Bewusstsein, die Fähigkeit der Wahrnehmung dessen, was existiert, ist das Vermögen Objekte zu entdecken, nicht sie zu schaffen. Rand erklärt, dass das metaphysisch Gegebene (d. h. jede Tatsache, die der Existenz inhärent ist unabhängig vom menschlichen Handeln") absolut ist und einfach da ist. Das metaphysisch Gebenene muss akzeptiert und kann nicht verändert werden. Das Menschengemachte schließt jedes Objekt ein, jede Institution, jedes Verfahren, jede Verhaltensregel, die von Menschen gemacht wurde. Menschengemachte Fakten sind Produkte einer Wahl und können überprüft und beurteilt werden, und dann akzeptiert oder verworfen oder geändert werden, wenn nötig."

Dienstag, Dezember 27, 2005

Die dunkle Seite des Konservatismus

Die konservative Zeitschrift National Review druckte im Dezember 1957 eine Besprechung von Ayn Rands Roman Atlas Shrugged von Whittaker Chambers ab. Der Titel Big Sister Is Watching You läßt schon erahnen, dass diese nicht besonders freundlich ausfiel. Nationalreview.com hat den Aufsatz von Chambers jetzt veröffentlicht als Erinnerung an den 50. Jahrestag der Zeitschrift. Robert Tracinski beschäftigt sich in einem Kommentar für das capitalismmagazine.com mit dieser Kritik an Rands Magnus Opus . Tracinski spricht von einer bösartigen "Pseudo-Rezension" und die Tatsache, dass sie überhaupt veröffentlicht -und nach 48 Jahre noch einmal im Internet veröffentlicht wurde- sage eine Menge über den intellektuellen Zustand des Konservatismus aus. Tracinski spricht von einer "Pseudo-Rezension", weil Chambers dem, was Rand tatsächlich schrieb, sehr wenig Aufmerksamkeit schenkte. Er schreibt Namen falsch, verzichtet auf Zitate aus dem Roman und stellt unhaltbare Behauptungen auf. So sollen die Figuren in dem Roman entweder total gut oder total böse sein, was völlig ignoriert, dass Rand sehr wohl Personen präsentierte, die "gemischte Prämissen" vertraten. Tracinski geht davon aus, dass Chambers den Roman überhaupt nicht gelesen hat. Tatsächlich benutzt, so Tracinski, der Autor Rand nur als Sprungbrett gegen die atheistischen Überzeugung, dass es eine natürliche Welt ("Materialismus") gibt, gegen Sicherheit auf dem Gebiet des Epistemologie ("Arroganz"), gegen ein Schwarz-Weiss-Denken bei moralischen Fragen ("unflexible Selbstgerechtigkeit") , gegen Idealismus in der Politik usw. "Das Thema des Artikels", schreibt Tracinski, "ist Anti-Intellektualismus." Chambers will eine religiöse Philosophie propagieren, dadurch, dass er auf Ayn Rand einprügelt.

Weihnachten - worum es gehen sollte

* (Fast) die ganze Welt feiert Weihnachten und gedenkt dabei der Geburt Jesu. Der Ursprung dieses Fests jedoch ist gänzlich weltlicher Natur und in der modernen Form eine amerikanische Erfindung des 19. Jahrhunderts.

In der Essenz geht das Fest auf die archaischen Sonnwendfeiern zurück, die Menschen schon immer begangen haben, als die Tage wieder länger wurden. Die Römer kannten die Saturnalien. Die Christen hatten für diese Feiern nur Verachtung übrig. Sie waren zu jeder Jahreswende damit beschäftigt, an das Ende der Welt zu denken und verurteilten jede Form "weltlicher" Vergnügungen. Mit der Zeit kamen die Christen jedoch zu der Erkenntnis, dass gegen diese weltlichen Untriebe nicht anzukommen sei und entschieden sich, das Fest zu stehlen, wie Leonard Peikoff treffend formuliert: "If you can't stop them, join them". Im Gegensatz zu den bereits damals bekannten Tatsachen datierten sie die Geburt Jesu auf den 25. Dezember und usurpierten die weltlichen Sonnwendfeiern. Dennoch blieben religiöse Zweifel, wie der Weihnachtsfeiertag, in dessen Mittelpunkt Lebensfreude und Bejahung zum Leben steht, mit den christlichen Anspruchsdogmen der Entsagung, des Verzichts, der Selbstaufopferung und des Jenseitsdenkens zu vereinbaren sei.

Das 19. Jahrhundert sollte den Charakter des Festes dann entscheidend verändern. Die Entfaltung des menschlichen Potentials in Wissenschaft und Wirtschaft bewirkte einen nachhaltigen Modernisierungs- und Zivilisierungsschub. Durch den Prozess der Industrialisierung wurden Menschen erstmals in der Geschichte in die Lage versetzt, aus ihrem determinierten sozialen Status auszubrechen und sich selbst aus eigener Kraft nach oben zu arbeiten. Der endgültige Triumph rational-logischen Denkens über religiös-mystischen Aberglauben führte zu unglaublicher Wohlstandsvermehrung. Letzeres hatte zur Folge, dass das gegenseitige Beschenken zum zentralen Inhalt des Weihnachtsfests wurde. Als Personifizierung dessen gilt Santa Claus, der von Christen als Antichrist denunziert wurde, weil er den Charakter von Weihnachten als religiöses Fest schnell unterlief. Die Amerikaner ließen sich jedoch nicht beirren. Santa Claus steht in fundamentalem Gegensatz zur christlichen Ethik. Er verlangt nicht von den Reichen, dass sie sich ihres Reichtums schämen und durch Sühne Abhilfe leisten müssen. Er behandelt vielmehr reiche und arme Kinder gleich. Geleitet von Gerechtigkeit gibt Santa lediglich den guten Kindern und nicht den bösen - unabhängig von deren sozialen Status.

All das, was wir heute mit Weihnachten assoziieren - Weihnachtslieder, Dekorationen -, basiert auf weltlichen Bräuchen, die geleitet sind von der Freude am Leben und dem Verfolgen des Glücks - nicht von Entsagung, Selbstaufopferung und Verachtung sämtlichen weltlichen Glücksstrebens, wie die Christen es postulieren. Never accept an unearned guilt; so take the Christ out of Christmas.

* (Basierend auf dem Essay "Why Christmas Should Be More Commercial" von Leonard Peikoff.)

Quelle: Freiheit, Isonomie, Privatrechtsgesellschaft

Freitag, Dezember 23, 2005

Die Philosophie von BB&T: Objektivismus

Luke Setzer macht in einem Beitrag für die Organisation Rebirth of Reason darauf aufmerksam, dass die offizielle Philosophie des amerikanischen Finanzdienstleisters BB&T Corp. der Objektivismus ist. Auf der Website des Unternehmens wird die firmeneigene Philosophie auch erläutert, und sicherlich hat Ayn Rand Pate bei den Formulierungen gestanden, wenn auch kein Hinweis auf Rand erfolgt oder der Begriff "Objektivismus" verwendet wird. Zur Rolle der Emotionen heißt es zum Beispiel, dass diese wichtig seien, die entscheidene Frage sei jedoch, "wie rational unsere Emotionen sind." Punkt 1 der "Werte" des Unternehmens ist "Realität": "Was ist, ist. Wenn wir besser sein wollen, müssen wir innerhalb des Kontext der Realität handeln (den Fakten). Unternehmen und Personen machen oft ernsthafte Fehler dadurch, dass sie Entscheidungen treffen, die auf reinem Wunschdenken basieren, oder auf Theorien, die von der Realität abgekoppelt sind."

Siehe auch einen aktuellen Artikel über BB&T, wo die Firma mitteilt, dass sie keine Kredite an Personen vergeben wird, die Privateigentum durch staatliche Zwangsmaßnahmen ("Eminent Domain") bekommen haben.

Siehe auch den Rule of Reason Weblog zum Thema

Was schützen die sogenannten Lebensschützer?

Ihre Argumentation beruht auf einer Vermengung von Potenzialität und Aktualität. Die Blastozyten, die im Prozess des Klonens gewonnen werden, sind eine Ansammlung von undifferenzierten Zellen mit menschlicher DNA. Sie besitzen die Potenz, sich unter bestimmten günstigen Umständen in einen Menschen zu verwandeln. Sie sind aber kein Mensch mit individuellen Rechten, sondern Eigentum ihrer Erzeuger, was beinhaltet, dass diese das Recht haben, über ihr Eigentum nach ihrer Wahl zu verfügen. Der Philosoph Leonard Peikoff stellt hierzu fest: "Wenn wir es als das betrachten, was es ist, und nicht als das, was es sein könnte, müssen wir feststellen, dass ein Embryo unter drei Monaten etwas weit Primitiveres ist als ein Frosch oder ein Fisch. Es ist mit einem Säugling zu vergleichen, ist lächerlich."

Donnerstag, Dezember 08, 2005

Kausalität

Wenn man auf der Straße jemanden fragt, was er unter Kausalität versteht, dann bekommt man in der Regel etwas zurück wie "Jede Wirkung hat eine Ursache" bzw. "Jedem Ereignis geht ein anderes Ereignis voraus". Diese Theorie ist allerdings nicht wirklich zufriedenstellend. Betrachten wir das anhand von drei kleinen Beispielen:

Erstens: Nehmen wir an, ein Buch liegt oben auf dem Rand eines Regals. Wir stoßen nun das Buch mit einem bestimmten Kraft p an. Was geschieht? Das Buch fällt. Soweit so gut. Hier scheint die Theorie also zu funktionieren: Das Ereignis "Anstoßen" hat das Ereignis "Fallen" ausgelöst. Aber wir sind ja noch nicht fertig ...

Zweitens: Nehmen wir nun an, das Buch liegt nicht auf dem Regal, sondern auf dem Fußboden. Wir stoßen es erneut an mit der bereits verwendeten Kraft p. Was passiert? Das Buch rutscht! Es fällt nicht, sondern es rutscht. Auf das Ereignis "Anstoßen" folgt also das Ereignis "Rutschen". Wie aber kann das sein? Wie kann eine Ursache zwei verschiedene Wirkungen, nämlich Fallen und Rutschen, haben? Und wie entscheidet sich, wann welche der beiden Wirkungen eintritt? Doch nicht etwa rein zufällig...? Aber dann wäre es ja nicht mehr streng kausal determiniert! ... Aber sehen wir weiter.

Drittens: Ersetzen wir das Buch durch einen 100 kg schweren Metallblock. Diesen Stoßen wir wieder mit der bereits genannten Kraft p an; und was passiert nun? Der Block zeigt keine Reaktion. Wir haben jetzt also das Problem, dass unsere bisherige Kausalitätstheorie anscheinend völlig unzutreffend ist, denn wie wir gesehen haben, ist es nicht so, dass eine Ursache eine Wirkung hat oder jedem Ereignis ein bestimmtes anderes vorausgeht; es ist durchaus auch möglich, dass auf eine Ursache gar keine Wirkung eintritt (Metallblock) oder ganz verschieden (Fallen und Rutschen). Wie erklären wir das also?

Nun, die bisherige Kausalitätstheorie ist offenkundig zu oberflächlich. Sie macht einen entscheidenden Fehler: Sie sieht Kausalitäten nur als Beziehung zwischen Ereignissen. Tatsächlich aber ist Kausalität eine Beziehung zwischen Entitäten. Diese haben bestimmte Eigenschaften und stehen in bestimmten Relationen zu allem anderen. Wir reformulieren also die Kausalitätstheorie: "Eine Entität kann sich nur so verhalten, wie es ihr ihre Eigenschaften und ihre Relationen zu anderen Entitäten gestatten."

Auf diese Weise werden dann auch unsere Beispiele besser verständlich und kausal erklärbar: Wenn wir das Buch mit der Kraft p anstoßen fällt es einmal und rutscht ein anderes mal, nicht aus purem Zufall, sondern schlicht und ergreifend, weil das Buch jeweils in einer anderen Relation zu anderen Entitäten, insbesondere zum Boden steht: Einmal befindet es sich hoch über dem Boden auf dem Regal; einmal liegt es direkt auf dem Boden. Wenn wir den Metallblock mit der Kraft p anstoßen und er sich nicht bewegt, dann ist das eben keine Widerlegung der Kausalität, sondern in unserer neuen Formulierung so inbegriffen, denn der Metallblock hat eine bestimmte Masse, d.h. eine Eigenschaft, die es verunmöglicht, dass er mit der Kraft p bewegt werden kann.

Und noch eine kleine Anmerkung zum Schluss: Interessant ist diese Formulierung des Kausalitätsgesetzes insbesondere deshalb, weil sie es ermöglicht, den sog. freien Willen des Menschen nahtlos in eine kausale Ordnung einzubinden, indem man sagt, der freie Wille sei eine Eigenschaft des Menschen bzw. seines Bewusstseins. Auf diese Art wird es möglich, den Willen als gleichsam frei wie verursacht zu betrachten.

Quelle: Heroic Dreams

Montag, Dezember 05, 2005

Israel braucht einen Howard Roark

Orit Arfa von The Jewish Journal of Greater Los Angeles äußert sich in einem Artikel vom 10. Mai 2002 über die Aktivitäten des Ayn Rand Institute zur Unterstützung von Israel: "Das Institut, welches seinen Sitz in Marina del Rey hat, wurde 1985 -drei Jahre nach dem Tod von Ayn Rand- kreiert, um ihre Philosophie der Vernunft, des Individualismus und Kapitalismus, verkörpert durch die Helden ihrer Romane, zu fördern. 'Israel verkörpert die zentralen Werte, für die das Institut kämpft," sagt Dr. Yaron Brook, Direktor des Ayn Rand Institute. Brook glaubt, dass das anti-israelische Gefühl auf der ganzen Welt nicht notwendigerweise einem puren Anti-Semitismus entspringt oder der Furcht vor dem Zorn der Araber, sondern auf die Ideen der heutigen Intelligenz zurückgeht, die propagiert, was Rand gerne als den ethischen Kodex des 'Altruismus' bezeichnete.' Heute kommt 'Altruismus' in solchen Begriffen wie 'Multikulturalismus', der allen Kulturen, einschließlich totalitären Regimen, Legitimität verleiht, und 'moralischer Pragmatismus', der einem Kompromiss zwischen völlig unterschiedlichen Wertesystemen applaudiert, zum Ausdruck. 'Wenn man über keine moralischen Absolutheiten verfügt, wird das, was Israel tut als ebenso schlimm angesehen wie irgendein terroritischer Akt,' sagt Brook. 'Ein Akt des Terrors wird als 'Freiheitskampf" bezeichnet, weil Freiheit überhaupt nichts mehr bedeutet.'

Peikoff über den Irak-Krieg: Falscher Krieg, falsche Gründe, falsche Art

Anfang April 2003 berichtete Paul Blair auf seiner inzwischen eingestellten Website "...interesting" über den Besuch eines Vortrags bei Dr. Leonard Peikoff vom Ayn Rand Institute. Blair bezeichnet den Vortrag als "unglaublich provokativ" und erwähnt, dass ihm Peikoff zeige, wie radikal doch der Objektivismus sei. Blair hatte sich keine Notizen gemacht und gibt aus dem Gedächtnis folgende Zusammenfassung des Vortrags von Peikoff:
"Wir kämpfen die falschen Kriege, aus den falschen Gründen, auf die falsche Art. Während Peikoff die amerikanischen Truppen unterstützt -er glaubt, dass ein Angriff auf den Irak besser sei als keinen Finger krumm zu machen-, argumentierte er, dass wir uns den Irak vorgenommen hätten, weil George W. Bush der moralische Mut fehle, den wahren Feind zu identifizieren und anzugreifen, den Islam. ( An einem Punkt sagt er "Islamische Militanz", aber da er ebenso behauptet, dass die Militanten die konsequenten Anwender des Glauben sind, glaube ich, dass ich seine Meinung richtig wiedergebe.) Er vertritt die Auffassung, dass unsere einzige Sorge im Krieg der Sieg und die Zerstörung der Bedrohung sein sollte - und dass wir dann den Irak und die Irakis sich selbst überlassen sollten. Unser ultimatives Ziel sollte es, eine überwältigende Furcht in diesem Teil der Welt zu schaffen - eine Furcht darüber, was passieren würde, falls irgendein teroristischer Akt noch einmal versucht werden sollte. Dieses Ziel rechtfertige einen völligen Mangel an Sorge für zivile Opfer, einschließlich des gezielten Angriffs auf Zivilisten, wenn nötig. (Er illustrierte diesen Punkt mit einer Beschreibung der allierten Bombardements auf Tokio - und im allgemeinen kontrastierte er unser Verhalten im gegenwärtigen Krieg mit unseren Aktionen im 2. Weltkrieg). Überflüssig zu erwähnen, dass er glaubt, dass Katzbuckeln vor den Vereinten Nationen, die humanitäre Hilfe an den Feind, die Sorge um zivile Opfer und der Wunsch, als Befreier angesehen zu werden, nur die Fucht reflektiere, als jemand angesehen zu werden, der aus eigenen selbstsüchtigen Gründen den Krieg führe. (In der Frageperiode beantwortete er die Frage nach der Parole "Kein Blut für Öl" folgendermaßen: 'Wenn wir einen Krieg führen wollen, wäre Öl ein verdammt guter Grund' - obwohl er weiterhin ausführte, dass dies nicht Bush's Grund sei.) Das überwölbende Thema seines Vortrages war jedoch, dass das amerikanische Volk George W. Bush unterwürfig folge bei all dem, weil der Altruismus vollständig die Überreste des ursprünglichen amerikanischen Lebengefühls weggeschwemmt habe. Es wären nicht nur die Intellektuellen mehr, es wären alle. Der Vortrag verursachte einen entrüsteten Ausbruch - als Peikoff für bewußte Angriffe auf Zivilisten plädierte, schrie ein Mann: 'Das ist abscheulich' und verließ dann wütend das Publikum. Abgesehen davon verhielt sich das Publikum höflich." Soweit die Wiedergabe des Vortrags durch Blair. Er beschreibt dann sein Unbehagen über die Äußerungen von Peikoff.

Siehe auch Leonard Peikoffs Aufsatz Iraq: The Wrong War aus dem Jahr 1997, wo er den Iran als die Hauptbedrohung der amerikanischen Interessen im Mittleren Osten bezeichnet

Sonntag, Dezember 04, 2005

Unternehmer als Sündenböcke

In ihrem Buch Capitalism: The Unknown Ideal schrieb die Philosophin Ayn Rand 1966: "Jede Bewegung, die ein Land zu verklaven versucht, jede Diktatur oder potenzielle Diktatur, braucht eine Minderheit als Sündenbock, die für die Probleme der Nation zur Verantwortung gezogen werden kann und die als Rechtfertigung für die eigenen Forderungen nach diktatorischen Vollmachten dient. In Sowjet-Russland war dies die Bourgeoisie, in Nazi-Deutschland die jüdischen Menschen, in Amerika sind es die Geschäftsleute." Außerdem sei sie legale Behandlung von Kriminellen weitaus besser als die der Geschäftsleute, denn jene seien immerhin einem objektiven Recht unterworfen, während die Geschäftsleute den Launen und der Willkür von Politikern und Etatisten unterworfen seien. An diese Worte erinnert ein Leserbrief in der Financial Times Deutschland vom 17.03.2003. Dort schreibt Henning G. aus Landsberg: "Es ist an der Zeit, dass endlich einmal anerkannt wird, wie wir Geschäftsleute ständig - in Film, Buch und populären Medien - als raffgierige Halb-Kriminelle dargestellt werden. Nicht Politiker oder Nichtregierungsorganisationen halten die Welt am Laufen, sondern die profane Gewinnsucht der Kapitalisten. Es wäre mehr als angebracht, wenn dies von den Menschen anerkannt würde. Und die Tatsache, dass dem nicht so ist, ja dass man sogar beschimpft und verhöhnt wird, trägt sicher dazu bei, dass unsere Wirtschaft den Bach runter geht."

Sonntag, November 13, 2005

Nach Gummersbach

Im vergangenen Jahr fand zwischen dem 30.4 und 2.5 ein Seminar der Theodor-Heuss-Akademie zum Thema "Ayn Rand" statt. Ich war einer der Teilnehmer dieses Seminars und verfaßte kurz nach dem Ende des Seminars einen kurzen Text über die Eindrücke dieser Tage von Gummersbach:

Gerade bin ich vom Seminar der Friedrich-Naumann-Stiftung zu Ayn Rand zurückgekehrt und mir schwirrt noch der Kopf von den Eindrücken dieser zweieinhalb Tage. Zunächst einmal möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal meinen Dank an die Verantwortlichen der Stiftung aussprechen, dass es überhaupt zu einer solchen Veranstaltung gekommen ist. Vermutlich die erste deutschsprachige Veranstaltung dieser Art. Dies war natürlich kein Seminar von Objektivisten für Objektivisten. Das Publikum war heterogen, irgendwie liberal sicherlich, aber das Wissen über den Objektivismus und die Sympathie gegenüber dem Objektivismus differierten doch erheblich unter den Teilnehmern. Zum Abschluß des Seminar brachte ein Teilnehmer noch einmal seine anti-objektivistische Weltsicht auf den Punkt. Irgendeinen Lerneffekt schien dieses Seminar bei ihm nicht hinterlassen zu haben. Mir wurde bei seinen Worten allerdings deutlich, dass ich nach seiner Philosophie nicht leben möchte. Dies wäre so, als wollte ich mir selbst den Boden unter den Füßen wegreißen. Was er dort äußerte, war ein Frontalangriff auf die Vernunft. Wie sagte doch Aristoteles so schön: "Die Vernunft geht immer den rechten Weg, Trieb und Phantasie bald den rechten, bald den falschen." Ich wollte diesen Teilnehmer fragen: "Was wissen Sie überhaupt. Wessen sind Sie sicher. Sind Sie überhaupt sicher, dass Sie leben?" Keine polemische Frage, denn Alan Greenspan war der Ansicht, dass man nicht wissen könne, ob man überhaupt lebe, als er zu dem Zirkel von Objektivisten um Rand stieß. Er ließ sich dann allerdings davon überzeugen, dass man dies durchaus wissen könne. Natürlich fehlte auch nicht der Hinweis, dass die Masse der Philosophen die objektivistische Sichtweise nicht teilen, was für Objektivisten allerdings unerheblich ist, denn philosophische Fragen werden nicht durch Mehrheitsentscheidungen gelöst. Die Pausengespräche drehten sich intensiv um die Frage, wie das Jahr 2005 -der 100. Geburtstag von Rand- zur Propagierung ihrer Ideen genutzt werden könnten. Die Verkaufszahlen ihrer Bücher im deutschsprachigen Raum sind bislang nicht berauschend und das nächste Jahr bietet mit dem runden Geburtstag von Rand ein ideales Vehikel, um Presse und Buchhandel zu mobiliseren. Nur dazu müßten die Romane im nächsten Jahr überhaupt verfügbar sein. Auch wurden bestimmte Projekte angekündigt, etwas die Herausgabe eines Sammelbandes zur objektivistischen Philosophie oder die Gründung eines Objectivist Center Europe. Aber die Konkretisierung dieser Projekte steht noch aus und somit kann auch noch kein abschließendes Urteil abgegeben werden. Ein Objectivist Center unter Einschluss von Anarcho-Kapitalisten wäre für mich ein Grund, eine solche Organisation zu meiden. Selbst das relative tolerante Objectivist Center (TOC) besteht auf der Unvereinbarkeit von Anarchismus und Objektivismus. Mein Lebensziel besteht auch nicht primär in der Gründung oder Beteiligung an irgendeiner objektivistischen Organisation. Ich möchte aus dem Objektivismus für mein persönliches Leben so viel wie möglich herausziehen und wenn ich Schüler oder Studenten sehe, die den Objektivismus bereits für sich entdeckt haben oder dabei sind, dies zu tun, tut es mir nur Leid, dass ich so spät Rand und den Objektivismus entdeckt habe. Aber besser spät als nie.

Samstag, November 05, 2005

Ayn Rand antwortet

Nachdem Ayn Rand ihr Hauptwerk "Atlas Shrugged" abgeschlossen hatte, widmete sie sich der Sachliteratur, und in einem geringeren Umfang auch einer Vortragstätigkeit, um ihre Philosophie bekannter zu machen. Häufig wurden nach diesen Vorträgen auch Fragen von Zuhörern zugelassen. Robert Mayhew hat durch sein gerade erschienenes Buch "Ayn Rand Answers: The Best of Her Q & A" Ayn Rands Antworten auf diese Fragen erstmalig auch in gedruckter Form dem interessierten Leser zugänglich gemacht. Sein Buch umfaßt ein breites Spektrum an Fragen und Antworten aus den Bereichen Politik und Ökonomie, Ethik, Metaphysik und Epistemologie, sowie Ästhetik und Kunst. Allerdings weist der Autor ausdrücklich daraufhin, dass Rands Antworten von ihm redigiert wurden und somit nicht als Teil des Objektivismus angesehen werden können. Hier vier ausgewählte Fragen und Ayn Rands Antworten:


Was denken Sie, wird passieren, wenn Sie gestorben sind? (1969)

Ich nehme an, dass man mich beerdigen wird. Ich glaube nicht an Mystizismus oder ein Leben nach dem Tod. Das bedeutet nicht, dass ich glaube, dass der menschliche Geist notwendigerweise materialistisch ist; aber er ist auch nicht mystisch. Wir wissen, dass wir einen Geist und einen Körper haben, und dass der eine nicht ohne den anderen existieren kann. Deshalb, wenn ich sterbe, wird dies das Ende für mich sein. Ich denke aber nicht, dass dies das Ende meiner Philosophie sein wird.

Gibt es einen Platz in Ihrer Philosophie für Gott? (1969)

Nein. Meine Philosophie schließt nur das mit ein, was man wahrnehmen, identifizieren und demonstrieren kann - durch die Mittel der Vernunft. Sie erlaubt nicht die Erfindung von 'Fakten', oder die Akzeptanz von irgendetwas aufgrund eines Glaubens - d. h. ohne rationale Demonstration. Aber es gibt keine Beweise für irgendeine Art von Gott, einem Leben nach dem Tod oder eine mystischen Dimension.

Wie ist Ihre Meinung von der Idee konkurrierender Regierungen? (1970)

Die ist ein unverantwortlicher Haufen Unsinn. Dies ist die einzige Antwort, die die Frage verdient.


Welche Meinung haben Sie von Henry Kissinger? (1976)

Ich denke, Herr Kissinger ist einer der schändlichsten und katastrophalsten Außenminister, die wir je hatten - hauptsächlich aufgrund seiner philosophischen Ansichten. Er ist ein Bewunderer und Anhänger von Metternich, der das schlimmste repräsentiert, was die europäische Sichtweise der Außenpolitik und der Macht zu bieten hat.

Haben Sie Milton Friedmans Film "Free to Choose" im öffentlichen Fernsehen gesehen? 1980)

Ich habe fünf Minuten davon gesehen. Das war genug für mich, weil ich Friedmans Ideen kenne. Er ist nicht für den Kapitalismus; er ist ein elender Eklektiker. Er ist ein Feind des Objektivismus, und sein Einwand ist, dass ich die Moral in die Ökonomie einbringe, die seiner Meinung nach amoralisch sein sollte. Ich mag nicht immer, was das öffentliche Fernsehen bringt, aber ich denke, dass sie bessere Sendungen haben als "Free to Choose" - den Zirkus, zum Beispiel.

Was halten Sie von der Österreichischen Schule der Nationalökonomie? (1977)

Ich denke, dass dies eine Schule ist, die eine Menge an Wahrheit und an richtigen Argumente über den Kapitalismus zu bieten hat - besonders von Mises-, aber ich stimme sicherlich nicht mit jedem Detail überein, und besonders nicht mit ihren angeblichen philosophischen Prämissen. Sie hat in der Tat gar keine. Sie versucht -von Mises vor allem- die Philosophie durch die Ökonomie zu ersetzen. Dies funktioniert nicht.


Könnten Sie einen Kommentar abgeben zu Robert Nozicks "Anarchy, State and Utopia"? 1977)

Ich mag diesen Autor nicht, weil ich keine schlechten Eklektiker mag - nicht in der Architektur, und sicherlich nicht in der Politik und Philosophie -, besonders wenn ich zu den Stücken gehöre, die verarbeitet wurden.

Donnerstag, September 08, 2005

Vernunft gegen Rassismus

Rassismus ist eine Form des Kollektivismus, die davon ausgeht, dass die intellektuellen Ideen und der Charakter eines Menschen durch seine Rasse geformt werden d. h. seine Physiologie und seine Abstammung, und nicht durch den Inhalt seines Charakters, d. h. seine Entscheidungen und Handlungen. Politisch ist Rassismus eine Folge von Kollektivismus und Etatismus. Psychologisch ist sie eine Folge der Minderwertigkeitsgefühle des Rassisten, der über kein oder wenig Selbstwertgefühl verfügt und versucht, sich dieses über seine Identifikation mit seiner Rasse oder seiner Abstammung zu beschaffen. Epistemologisch ist er ein Produkt des Determinismus, der Vorstellung also, dass der Mensch ein Opfer von Kräften jenseits seiner Kontrolle ist (z. B. Gott, Schicksal, Abstammung oder ökonomische Bedingungen). Der Objektivismus verwirft jede Form des Determinismus. Rassistisch sind allerdings nicht nur diejenigen, die offen ihre rassische Überlegenheit gegenüber Menschen anderer Hautfarbe äußern oder sie sogar durch Gewalt ausdrücken, sondern auch sog. "Bürgerrechtler", die nicht gleiche Rechte für alle Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe fordern, sondern die durch Quoten und Privilegien heute lebende Menschen besser stellen wollen, nur weil diese Menschen die gleiche Hautfarbe besitzen wie Opfer von Rassismus aus längst vergangenen Zeiten. Die in den USA weit verbreitete "Affirmative Action" ist purer Rassismus. "Wie jede Form von Kollektivismus ist Rassismus das Streben nach dem Unverdienten", schrieb Ayn Rand 1963 in ihrem Essay "Racism". Die einzige Lösung für das Problem des Rassismus ist die Doktrin des Individualismus und die Ethik der Gerechtigkeit. Gerechtigkeit bedeutet, dass jemand das bekommen sollte, was er sich durch seine eigenen Handlungen und durch seinen eigenen Charakter verdient hat.

Mittwoch, September 07, 2005

Das Genie von Ayn Rand

In der neuseeländischen Zeitschrift The Free Radical (Nr. 65 Februar-März 2005) weist Cameron Pritchard auf einige Aspekte im Denken der Philosophin und Schriftstellerin Ayn Rand hin, die es wert sind, an dieser Stelle referiert zu werden. Rands Denken weist durchaus einen utopischen Aspekt auf, weil sie ein politisches System befürwortete, das es in dieser Form noch nie gegeben hatte: "Rands Kapitalismus existiert nicht und hat nie existiert." Das Potential für ein derartiges System wäre aber da, schreibt Pritchard, wenn es nur von den Verzerrungen und Widersprüchen der gemischten Wirtschaft befreit werden könnte. Rand wies auch das Konzept des homo oeconomicus als zu deterministisch zurück. Menschen seien keine wandelnden Taschenrechner: "Ihre Ideen erzählen uns, warum die Annahme eines homo oeconomicus nicht ädaquat erklären kann, warum islamische Terroristen mit Flugzeugen in das World Trade Center stürzen." Nicht nur gegen Rand, sondern gegen den Liberalismus überhaupt wird häufig der Vorwurf erhoben, dieser basiere auf einem "atomistischen Individualismus". Für Rand waren Menschen aber weder Atome noch Rädchen einer Maschine: "Ich glaube, sie verstand, dass Menschen soziale Wesen waren, und dass es nie im Selbstinteresse einer Person wäre, gegen diesen Aspekt der menschlichen Natur zu handeln."

Freitag, September 02, 2005

Firehammer kontra Perigo

Reginald Firehammer hat in dem Internet-Magazin The Rational Argumentator scharfe Angriffe gegen den Gründer der Sense of Life Objectivists (SOLO), Lindsay Perigo, gerichtet. Neben dem Vorwurf, Promiskuität zu propagieren, geht es vor allem um Firehammers Behauptung, Perigos Wandel vom Marxisten zum Objektivisten -Perigo kommt es einer marxistischen Familie aus dem Norden Neuseelands- sei "nur ideologisch" gewesen: "Seine Methoden und sein Stil, sogar seine Motive blieben die des gelernten Kommunisten, und sie passen nicht zum Objektivismus." Insbesondere leide Perigo an einem "Rettet-die-Welt-Syndrom": "Der Zweck der Philosophie ist es nicht, die Welt zu ändern. Der Zweck der Philosophie ist es, die Wahrheiten zu entdecken, die notwendig sind, ein erfolgreiches Leben in dieser Welt zu führen. Wenn genug Menschen dies tun, wird die Welt verändert werden. Dies ist die Art von Veränderung, wie sie die Amerikanische Revolution verkörpert." Die Art von "Weltveränderung", die Perigo repräsentiere, sei eine andere, schreibt Firehammer zum Schluss seines Artikels, und kündigt einen weiteren Artikel an, der zeigen soll, dass Perigo notfalls auch Gewalt anwenden möchte.

Firehammer ist Autor des Buches The Hijacking of Philosophy: Homosexuals vs. Ayn Rand's Objectivism: Das Buch beginnt mit dem Bekenntnis Firehammers, dass er kein Objektivist sei, obwohl er anschließend erläutert, dass er mit jedem Prinzip des Objektivismus übereinstimmt: "Er ist bis heute die kompletteste und korrekteste Philosophie, die je entwickelt wurde."

Donnerstag, September 01, 2005

Perigo: Den Objektivismus nicht umschreiben

Lindsay Perigo, der Gründer der Sense of Life Objectivists (SOLO) hat sich in einem Beitrag für das Portal solohq.com dagegen ausgesprochen, den Objektivismus umzuschreiben. Perigo räumt ein, dass es unehrlich wäre, wenn sich SOLO im Geschäft des Umschreibens des Objektivismus tummeln würde und gleichzeitig das Attribut "objektivistisch" weiterhin verwenden würde. Dies sei aber nicht der Fall. Perigo stimmt auch Leonard Peikoff zu, dass der Objektivismus ein "geschlossenes System" sei. Wie Peikoff aber in seinem Aufsatz Fact and Value geschrieben habe, seien "neue Implikation, Anwendungen und Integrationen" in Übereinstimmung mit den Prinzipien möglich. Das Problem sei allerdings, so Perigo, dass dies nicht die Politik des Ayn Rand Institute in der Praxis sei. Was Peikoff tatsächlich meine, sei: "Der ganze Plunder oder gar nichts". Objektivismus sei einfach alles, was Ayn Rand geschrieben habe - nichts mehr, nichts weniger. Allerdings muss Perigo auch zugeben, dass Anhänger des Ayn Rand Institue zumindest auf Nachfrage "widerwillig" zugeben würden, dass Rands Bemerkung, dass Homosexualität "widerwärtig" sei, nicht "Teil des Objektivismus" sei, ebensowenig wie ihre Bemerkungen über einen weiblichen Präsidenten der USA. Es gebe aber keine einzige neue "Implikation, Anwendung oder Integration" durch die Peikovianer. Eine neue Anwendung sei aber Chris Matthew Sciabarras Homosexuality and Objectivism. Wenn allerdings die Unterstützer des Ayn Rand Institute, wenn auch "widerwillig", bestimmte Positionen von Rand als nicht zum Objektivismus gehörig bezeichnen, ist allerdings schwer, ihnen vorzuwerfen, dass sie eigentlich nicht von einem "geschlossenen System" im Sinne der Worte von Peikoff ausgehen, sondern den "ganzen Plunder" verteidigen wollen. Es gibt keine Äußerung aus dem Ayn Rand Institute, die diese Meinung stützt. Sciabarras Untersuchungen über "Homosexualität und Objektivismus" könnten wirklich eine neue Anwendung im Rahmen dessen sein, was Rands Philosophie ausmacht. Das Problem ist aber, ob Sciabarra mit seinen sonstigen Thesen sich nicht außerhalb des Objektivismus stellt, also den Objektivismus umschreibt, was Perigo eben nicht will. David Kelley, den Perigo als "Titanen" bezeichnet, wurde vom Ayn Rand Institute ausgeschlossen, weil er "die fundamentalen Prinzipien des Objektivismus nicht anerkennt." Sehr oberflächlich schiebt Perigo zu diesem Punkt die Kritik beseite. Sciabarra sehe Rand als "Dialektikerin", "Dialektik"= Hegel und Marx, Ende des Diskussion. So einfach soll sich das Ayn Rand Institute die Auseinandersetzung mit Sciabarra gemacht haben. Leider nennt Perigo auch keine Quelle für diese Diskussion. Auf der Website des Ayn Rand Institute findet sich jedenfalls der Name von Chris Matthew Sciabarra überhaupt nicht. Lindsay Perigo sieht folgende fundamentale Prinzipien des Objektivismus als unverzichtbar an:

Die Realität der Realität-
Der Primat der Existenz-
Der axiomatische Status von Existenz, Identität und Bewußtsein-
Die Gesetze der Identität und Kausalität-
Die Zuverlässigkeit der Sinne-
Die Wirksamkeit der Vernunft, einschließlich Logik und Begriffsbildung-
Objektivität als Alternative zu Intrinsizismus, Subjektivismus, Rationalismus und Empirismus- Die Realität des freien Willens-
Die Freiheit als ein Imperativ der menschlichen Natur. Das Verbot der Einleitung von Gewalt- Individualismus und rationales Selbstinteresse als die geeignete Ethik für den Menschen(einschließlich der Zurückweisung der traditionellen Ethik der Selbstaufopferung)- Kapitalismus/verfassungsmäßig begrenzter Staat als das geeignete ökonomische-politischeSystem-
Kunst als eine Erfordernis der menschlichen Existenz und Romantischer Realismus als die geeignet Art der Kunst

Im Diskussionsforum bedankt sich Sciabarra dann brav bei Perigo, bezeichnet ihn als Freund, obwohl beide bei der Diskussion um den Irak-Krieg -den Perigo begrüßt hatte, Sciabarra aber abgelehnt hatte- gewaltig aneinander geraten waren.

Mittwoch, August 31, 2005

Wider die Kannibalenmoral

Die objektivistische Ethik läßt sich auf die Kurzformel "Kein Opfer!" bringen und mit dem Begriff "rationaler Egoismus" beschreiben. Der objektivistischen Ethik steht der Kodex des Opfers gegenüber. Dieser ist allerdings mit dem Altruismus nicht identisch. Andrew Bernstein beschreibt in seinem lesenwerten Aufsatz Villainy: An Analysis of the Nature of Evil insgesamt drei Varianten des Opferkodex. Zu diesem gehört auch der "zynische Egoismus", den Bernstein nicht dem Egoismus zurechnen möchte. Zynischer Egoismus wird von ihm als direkte Konsequenz des Altruismus angesehen, denn irgendjemand muss ja da sein, um die altruistischen Opfer einzusammeln. Die 2. Variante ist das Opfer für Gott, dem wir alle Gehorsam schulden würden und dessen Befehle wir pflichtbewußt ausführen müssen, gleichgültig wie diese im Einzelfall aussehen mögen. Die 3. Variante der Opferethik schließlich ist der Altruismus, der davon ausgeht, dass der Mensch sich für andere aufopfern muss. Die modernen Altruisten wie Marx und seine Anhänger verwerfen die Religion und hüllen sich in ein "wissenschaftliches" Kleid. Für diese Altruisten ist nicht Gott die Quelle der Pflicht des Menschen, sondern die Gesellschaft. Bernstein schreibt, dass dies schlimmere Konsequenzen habe als die Inquisition und die Scheiterhaufen: Konzentrationslager, Gaskammern und Weltkriege. Ayn Rand faßt diese drei Gruppen zusammen und bezeichnet sie als "Kannibalenmoral". Alle drei Versionen beruhen auf dem was Rand den "Primat des Bewußtseins" in der Metaphysik nannte. Der Primat des Bewußtseins behauptet, dass das Bewußtsein in irgendeiner Weise die Realität kontrolliert. In seiner übernatürlichen Variante behauptet er, dass Gott der Schöpfer und der Herr der Welt ist. In seiner gesellschaftlichen Form wird der Gesellschaft insgesamt die Funktion eines Schöpfers und Herrn der Welt zugeordnet. Die Ethik des Opfers folgt als logischer Schritt auf diese Metaphysik.

Dienstag, August 30, 2005

Die Feinde von Christoph Kolumbus und die multikulturalistische Attacke auf die Westliche Zivilisation

Thomas Bowdens neues Buch The Enemies of Christopher Columbus ist eine Verteidigung von Christoph Kolumbus - und der Westlichen Zivilisation im Allgemeinen - gegen den Angriff der Multikulturalisten. Das Buch ist in der Form von Frage-und-Antwort konzipiert. In den Fragen geht es um Kolumbus und die Entdeckung und Besiedlung von Amerika. Es wendet sich Fragen zu, die ein ehrlicher Leser stellen könnte, der indoktriniert wurde mit den Unwahrheiten und den anti-westlichen Verleumdungen, die so weit verbreitet in unseren Schulen sind. Bowdens Ansatz ist es, historische Ereignisse aus der Perspektive der Westlichen Zivilisation zu behandeln. Diese steht für Vernunft, Wissenschaft, Individualismus und Fortschritt, und ist allen anderen bekannten Kulturen, die die Welt bisher gesehen hat, objektiv überlegen. Die entscheidende Frage ist, ob die Besiedlung Amerikas durch die Träger der Westlichen Zivilisation gut oder böse war. Hier ein kurzer Auszug aus dem Buch:

Selbst wenn die Westliche Zivilisation der indianischen Barbarei überlegen ist, bedeutet dies notwendigerweise, dass die Europäer das Recht hatten, die Indianer zu vertreiben?

"Barbarei und Zivilisation können nicht koexistieren innerhalb desselben Gebiets. Zivilisierte Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Nachbarn die Prinzipien der Individualrechte, wie sie niedergelegt sind in geschrieben Gesetzen, die Landgrenzen definieren, Verträge durchsetzen und das persönliche Eigentum schützen, verstehen und ihnen gehorchen. Primitive Völker, die noch nicht zum Konzept eines universellen moralischen Rechts gekommen sind , dem alle Menschen als Individuen unterworfen sind, können nicht nach solchen Prinzipien handeln oder man könnte sich darauf verlassen, dass sie solchen Gesetzen gehorchen. Angesichts des Mangels an Fähigkeit, ihr Leben durch die Vernunft zu beherrschen, sind Primitive unvermeidlich einer breiten Palette von irrationalen Einflüssen unterworfen - wie Furcht, Aberglauben, drogeninduzierte Halluziationen, Hass auf Außenstehende, Rache oder die Lust auf Erorberung -, die sie in unvorhersehbaren Intervallen auf den Kriegspfad treiben. Die Europäer wurden bei der Besiedlung der Neuen Welt genau in diesen Konflikt zwischen Zivilisation und Barbarismus verstrickt. Somit sahen sie sich einer fundamentalen Wahl ausgesetzt: Entweder ihre überlegenen Kräfte zu mobilisieren und die Indianer zu vertreiben, oder umzukehren und nach Hause zu segeln. In diesem Kontext hatten die europäischen Immigranten das absolute Recht, Amerika zu besiedeln und die Indianer zu vertreiben - wenn nötig, durch Gewalt. In dem Maß allerdings, wie individuelle Indianer in der Lage waren, die Prinzipien eines zivilisierten Verhaltens zu begreifen und ihnen zu folgen, hätte es ihnen erlaubt werden sollen, und sie häten dazu ermutigt werden sollen, Bürger mit vollen Rechten zu werden."