Erfreulicherweise hat mein Beitrag über Heinrich von Kleist (1777 - 1811) auf einem amerikanischen Blog (Armchair Intellectual) ein Echo ausgelöst. Der Fall der "Kant-Krise" des Heinrich von Kleist (Wikipedia: Kants Kritik an allzu simplistischen Vorstellungen der Aufklärung zerstörte Kleists geradlinigen, rein vernunftbasierten Lebensplan über Nacht.) zeigt in so herausragender Weise, welche Bedeutung Philosophie für das Leben von Menschen haben kann, und wie negativ diese Folgen sein können, wenn die Philosophie irrational ist. Kant wird von liberalen Intellektuellen in Deutschland fast einhellig als großer Aufklärer gefeiert und die negative Einschätzung von Ayn Rand würde diese Intellektuellen sicherlich überraschen, vielleicht sogar empören, wie ich es selbst einmal erleben konnte, als ich auf einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung ein wenig an Kants Image kratzen wollte. Diese Intellektuellen nähern sich Kant allerdings über seine politischen Äußerungen, und nicht über seine Erkenntnistheorie oder über seine Ethik, und in politischer Hinsicht ist Kant nicht so eindeutig negativ wie in anderen Zweigen seiner Philosophie. Heinrich von Kleist allerdings nahm Kant ernst, und zwar dort, wo es wichtig ist: in der Erkenntnistheorie vor allem. An dieser Stelle noch einmal eine Übersetzung eines Teils des Briefes von Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge: If all men had green glasses instead of eyes, they would have to |
Mittwoch, Oktober 31, 2007
Die Krise nach Kant
Posted by Wolfgang at 31.10.07 0 comments
Labels: Heinrich von Kleist, Romantizismus
Sonntag, Oktober 28, 2007
Heinrich von Kleist und das "herrliche Gefühl"
Hermann Kurzke bespricht in der WELT zwei Biographien über den deutschen Dichter Heinrich von Kleist. Während die beiden Biographen von Kleist eher dem "Horizont der Aufklärung" zuordnen, will Kurzke keine eindeutige Kategorisierung vornehmen, obwohl Kurzke durchaus überzeugend den Romantiker von Kleist dazustellen vermag, der seine geistige Erweckung dem Philosophen Kant verdankt (Aufgrund des Kant-Studiums erste große Lebenskrise ("Kantkrise": Verzweiflung über die Einsicht, dass die Wissenschaft keinen Zugang zur objektiven Erkenntnis und absoluten Wahrheit hat.): Sieht man Kleist als Romantiker, dann ist das Urerlebnis die Kant-Krise. "Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten", schreibt Kleist 1801, dann würden sie die Welt für grün halten. Da er aus der Kant-Lektüre schließt, dass unser Bild von der Welt nur ein Produkt der Werkzeuge ist, mit denen wir die Welt betrachten, da er infolgedessen Abschied nimmt vom Glauben der Aufklärung, dass wir die Welt begreifen und dann handelnd verändern könnten, muss er den Verstand entthronen. Der neue oberste Herrscher ist das Gefühl - das "herrliche Gefühl", das den Prinzen von Homburg und das Käthchen von Heilbronn leitet, das richtig sein kann, aber auch grausam falsch, um das es geht im Michael Kohlhaas (den das "Rechtgefühl" zum Mordbrenner machte), in der "Heiligen Cäcilie" und in der "Marquise von O", und das dann als Nationalgefühl eine so große wie grausige Karriere macht. "O der Verstand! Der unglückselige Verstand!", schreibt Kleist im August 1806 an Rühle von Lilienstern. "Jede erste Bewegung, alles Unwillkürliche, ist schön; und schief und verschroben alles, sobald es sich selbst begreift." Die Erkenntniskritik macht ihn zum Romantiker und deutet voraus auf Nietzsche. Das von Kurzke erwähnte Zitat von Kleist ("grüne Gläser") stammt aus einem Brief von Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge vom 22. März 1801: Vor kurzem ward ich mit der neueren sogenannten Kantischen Philosophie bekannt und Dir muß ich jetzt daraus einen Gedanken mitteilen, indem ich nicht fürchten darf, daß er Dich so tief, so schmerzhaft erschüttern wird, als mich. Auch kennst Du das Ganze nicht hinlänglich, um sein Interesse vollständig zu begreifen. Ich will indessen so deutlich sprechen, als möglich. Englische Übersetzung: If all men had green glasses instead of eyes, they would have to |
Posted by Wolfgang at 28.10.07 0 comments
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