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Freitag, Juli 11, 2008

Justiz kontra Gerechtigkeit

Radio Bremen berichtet über die Urteil im sog. "Kickboxer-Prozess":

Im so genannten "Kickboxer-Prozess" hat das Bremer Amtsgericht am Nachmittag einen 16-jährigen Bremer wegen schwerer Körperverletzung zu zwei Jahren
Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Ein 19-jähriger Angeklagter erhielt wegen
anderer Taten eine Bewährungsstrafe, ein dritter Angeklagter lediglich Auflagen
wie ein Anti-Aggressionstraining.


Das Opfer dieses Verbrechens erlitt schwere Kopfverletzungen und ist seitdem ein Pflegefall. Als Kommentar zu diesen empörend milden Urteilen empfehle ich Greg Perkins auf dem Blog von Diana Hsieh. Perkins verweist zunächst darauf, dass der Objektivismus sorgfältig unterscheidet zwischen Unmoralität im Allgemeinen und Kriminalität, die eine spezielle Kategorie der Unmoralität bildet. Als Strafen für kriminelle Delikte setzt die Justiz auf Freiheitsentzug und/oder Geldstrafen (was im vorliegenden Fall noch nicht einmal verhängt wurde, denn eine Bewährungsstrafe ist überhaupt keine Strafe, sondern bloß die Androhung einer Strafe). Diese Strafen seien aber für die Zufügung von Schmerz, so Perkins, nicht "angemessen". Die Justiz könnte und sollte aber angemessen auf derartige Verbrechen reagieren. Es gibt zum Beispiel so etwas wie das Active Denial System...

Montag, Januar 21, 2008

Verbrechen und Philosophie

Aufgrund einer aktuellen Anfrage zum Thema Kriminalität möchte ich noch einmal auf den Aufsatz What to to about Crime von Leonard Peikoff verweisen.
So heißt es dort: "Aber Strafe, wie schwer sie auch sein mag, ist keine genügende Antwort auf Verbrechen." Ausdrücklich wendet sich Peikoff gegen die konservative Herangehensweise an das Thema Verbrechen nach dem Motto: "Sperrt sie ein und werft den Schlüssel weg!". Ebenso wie Mitternachts-Basketball keine Lösung des Problems sei, sei es auch nicht so etwas wie lebenslänglicher Knast nach dem dritten Vergehen ("three strikes and your're out"): "Wir müssen eine Philosophie der Vernunft und Realität lehren, und eine Moral des rationalen Eigeninteresses. Nur diese Art von Philosophie wird funktionieren bei der Bekämpfung irgendeines gesellschaftlichen Übels, einschließlich des Verbrechens."

Dienstag, November 21, 2006

Kein Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität

Der Kriminologe Karl F. Schumann hat in einer Studie (Berufsbildung, Arbeit und Delinquenz) ermittelt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität gibt. Der Wissenschaftler von der Universität Bremen zeigte sich im ARD-Morgenmagazin selbst überrascht über das Ergebnis der Studie. Auch eine Umfrage unter Passanten des Fernsehsenders hatte ergeben, dass diese fast ausnahmslos an einen solchen Zusammenhang glaubten. Offenbar ist in unserer Kultur die marxistische Vorstellung, dass "das Sein das Bewusstsein" bestimmt, weit verbreitet. Wer allerdings davon ausgeht, dass Menschen keine Puppen, sondern denkende Wesen sind, den kann ein solches Ergebnis nicht überraschen. Menschen sind begriffliche Wesen, die von ihren Ideen bewegt werden. Das, was ein Mensch denkt, bestimmt seine Handlungen. In den Jahren von 1960 bis 1980 verdreifachte sich der Kriminalitätsindex in den USA. Dies war die Zeitspanne, in der die Werte der Gegenkultur die Werte des 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts, wo es eine viel geringere Kriminalitätsbelastung gegeben hatte, verdrängten: "Was sich änderte, waren die Ideen und die Werte, die Amerika beherrschten", schreibt der Philosoph Leonard Peikoff in seinem Aufsatz What to do about Crime. Die letzten Jahrzehnte hätten ein "Füllhorn" von Rationalisierungen für Verbrecher geliefert: "All die grundsätzlichen Ideen des krimininellen Geistes, jede einzelne von ihnen, war Bestandteil des offiziellen Kredos der Intellektuellen und ihrer Kultur." Hätte der deutsche Kriminologe Peikoffs Aufsatz gekannt und verstanden, hätte ihn wohl das Ergebnis seiner eigenen Studie nicht so überraschen können. In dem genannten Aufsatz sieht Peikoff schwere Strafen nicht als ausreichend an, wenn man das Verbrechen wirklich an der Wurzel bekämpfen möchte: "Aber Strafe, wie schwer sie auch sein mag, ist keine genügende Antwort auf Verbrechen." Ausdrücklich wendet sich Peikoff gegen die konservative Herangehensweise an das Thema Verbrechen nach dem Motto: "Sperrt sie ein und werft den Schlüssel weg!". Ebenso wie Mitternachts-Basketball keine Lösung des Problems sei, sei es auch nicht so etwas wie lebenslänglicher Knast nach dem dritten Vergehen ("three strikes and your're out"): "Wir müssen eine Philosophie der Vernunft und Realität lehren, und eine Moral des rationalen Eigeninteresses. Nur diese Art von Philosophie wird funktionieren bei der Bekämpfung irgendeines gesellschaftlichen Übels, einschließlich des Verbrechens."

Sonntag, Mai 07, 2006

Kostenkontrolle oder Gerechtigkeit - der Weg des Strafrechts

In der Präambel der amerikanischen Verfassung wird der zentrale Zweck des Staates mit den Worten beschrieben, dass "die Gerechtigkeit zu verwirklichen" und "die Ruhe im Innern zu sichern" sei. Dabei ist die Reihenfolge natürlich nicht beliebig, denn dass "Ruhe im Innern" die Folge der Verwirklichung von Gerechtigkeit ist, liegt auf der Hand, aber "Ruhe im Innern" allein verwirklicht noch keine Gerechtigkeit.

Gerechtigkeit in Bezug auf die Bekämpfung der Kriminalität erfordert als Basis der Strafjustiz das Prinzip der Retribution, d. h. der proportionalen Bestrafung des Übeltäters. Dies ist etwas völlig anderes als eine Rachejustiz, denn in diesem System ist es gerade nicht zulässig, dass private Rache, die unangemessen sein kann, gegen Täter verübt werden kann. Proportial ist eine Strafe dann, wenn das Gesetz den Grad der Schädigung anerkennt und entsprechend reagiert wird. Ein Vorgehen im Sinne eines "Auge um Auge, Zahn um Zahn" muss natürlich nicht vorliegen, d. h. eine Orientierung an der Art des Verbrechens.

Als ungerecht müssen hingegen System verworfen werden, die auf utilitaristischen Überlegungen beruhen, d.h. die allgemein eine niedrigere Kriminalitätsrate für die gesamte Gesellschaft anstreben oder andere Zielvorstellungen haben, die einer möglichst großen Zahl an Menschen einen möglichst großen Nutzen bringen sollen. Derartige Gedankensystem verbergen sich hinter Schlagworten wie "Prävention", "Rehabilitierung" oder auch "Restitution". Ein Strafrecht, welches auf dem Gedanken der Restitution basiert, findet besondere Unterstützung in anarchistischen (anarcho-kapitalistischen, markt-anarchistischen) Kreisen. Dass das Ziel eines solchen Systems nicht Gerechtigkeit ist, macht der Aufsatz "Criminals owe debt to victims, not society" von Wendy McElroy, deutlich. Sehr bezeichnend an diesem Aufsatz ist die Tatsache, dass in diesem Aufsatz das Wort "Gerechtigkeit" (justice) als Ziel ihres Rechtssystems nur ein einziges Mal vorkommt, häufig aber Begriffe wie "Steuerzahler" oder "Kosten". Und sie sagt nie, dass sie erwartet, dass ihr System zu einer Verminderung der Kriminalität beitragen könnte.

Bereits in den ersten Sätze macht die Autorin deutlich, dass es ihr in erster Linie um "Kostenkontrolle" geht, wenn sie auf die Zahl von 2 033 331 Strafgefangenen hinweist (Stand: 31.12.2002) und auf die damit verbundene, und weiter wachsende, Belastung der Steuerzahler.
Ihre Lösung fasst sie in dem Wort "Restitution" zusammen, oder in zwei zusammengesetzten Wörtern: "Opferrechte." Bedauerlicherweise hat das eine recht wenig mit dem anderen zu tun, was im folgenden Gegenstand der Untersuchung sein soll. Denn wie wäre es zum Beispiel, wenn der Ehepartner eines Mordopfers keine "Restitution" von dem Täter fordert, d. h. eine finanzielle Entschädigung, sondern den Kopf des Mörders - also seine Exekution, und damit seinem "Opferrecht" genüge getan sieht? McElroy unterstellt, dass Opfer ausschließlich oder primär daran interessiert sind, eine finanzielle Entschädigung zu erhalten, während der Staat (= die Gesellschaft) ein Interesse an Bestrafung, Unschädlichmachung und Abschreckung habe. Tatsächlich stellen aber reale Opfer von Straftaten fast immer die Forderung, dass der Täter angemessen bestraft wird, und besonders die Opfer schwerer Straftaten befürchten weitere Opfer, wenn die Täter nicht unschädlich gemacht wird. Wer auf die Opfer von Verbrechen hört, weiß, wie Ilana Mercer schreibt, dass die Formulierungen, die die Anarcho-Kapitalisten vorbringen, "zu den Anforderungen der Theorie passen, nicht der Menschlichkeit."

Gerade bei besonders schwerwiegenden Verbrechen ist eine "Wiedergutmachung" oder ein "Ersatz" schier unmöglich, denn ein Opfer könnte einen Angriff nicht überlebt haben und somit als Nutznießer einer Restitution gar nicht mehr zur Verfügung stehen oder völlig traumatisiert sein, was ein normales Leben für die Zukunft ausschließt. Zweitens tritt das Problem auf, dass das Ausmaß der Restitution strittig sein könnte, was die Befürworter eines solchen Systems auch offen einräumen. Durch Mediatoren sollen solche Streitfälle geschlichtet werden, wobei diese Institutionen sich allerdings nicht von dem von den Anarchisten verabscheuten staatlichen Justizsystem unterscheiden, da sie durch Zwang Regelungen verbindlich machen sollen.

Die Kosten, die die Täter zu tragen haben, umfassen nicht nur die direkten Zahlungen an das Opfer oder seine Hinterbliebenen, sondern auch die Gerichtskosten und die Kosten für eine mögliche zwangsweise Eintreibung der Entschädigungen. Dies listet Wendy McElroy auch auf. Nicht vergessen werden sollten allerdings auch die Kosten für die Ergreifung des Täters, die im Einzelfall in die Millionen gehen könnten. Welcher Straftäter, bei deren bekanntermaßen geringen Neigung zu einer normalen, produktiven Tätigkeit , wäre in der Lage , diese Kosten im Laufe seines Lebens zu bezahlen? Wie Robert James Bidinotto feststellt, ist die Vorstellung, dass dies ausgerechnet die unproduktivsten Mitglieder der Gesellschaft leisten können und wollen, jenseits jeder Realität: "Kriminelle sind notorisch unproduktiv, während sie einen horrenden Schaden anrichten. Von ihnen zu erwarten, dass sie in der Lage wären, die Opfer zu entschädigen, ist einfach absurd."

Am besten könnte ein Täter die Restitution natürlich erarbeiten, wenn er sich in Freiheit befände, und damit die Kosten für die Inhaftierung entfallen würden und die Organisation der Erwerbstätigkeit erleichert würde. Dass dies für die meisten Opfer schwerer Straftaten eine provozierende Ungerechtigkeit darstellen dürfte, scheint McElroy nicht ins Kalkül zu ziehen, denn trotz ihrer betont individualistischen Argumentation ("Die realen Opfer verdienen es, im Fokus des Rechts zu stehen."), ist ihr zentrales Ziel die geringstmögliche Belastung des Steuerzahlers. Bei den direkten Zahlungen an die Hinterbliebenen eines Mordopfers nennt McElroy Zahlungen für Lebensmittel, die Hypothek oder das Schuldgeld, die vom Täter zu tragen wären. Sollten derartigen Kosten aufgrund des sozialen Milieus, in dem das Opfer lebt -bei Obdachlosen besonders auffällig-, gar nicht anfallen, wäre der Täter entsprechend entlastet. Es könnte sich allerdings auch ganz einfach um eine entsprechend vermögende Person handeln, für die derartigen Kompensationen keine schwerwiegende Bürde darstellen würden. Oder umgekehrt: Welch eine Gerechtigkeit könnte eine millionenschweres Ehepaar darin erblicken, wenn ihm ein Gericht eine Entschädigung für ihr ermordetes Kind zuspricht, die ein Mann erarbeiten soll, der bisher durch die Abstinenz von jedweder produktiven Tätigkeit auffiel.

Nur in extrem seltenen Fällen, bei gewaltätigen Wiederholungstätern, befürwortet McElroy eine dauerhafte Inhaftierung. Aber auch hier ist ihre Wortwahl verräterisch. Sie spricht von einer "präventiven Inhaftierung", d. h. eine Haft, die weitere Straftaten in der Zukunft verhindern soll, aber nicht eine, die eine gerechte, verdiente Strafe für bereits begangene Taten darstellt. Die Verhängung einer Restitution setzt natürlich voraus, dass der Täter überhaupt gefaßt wird und abgeurteilt werden kann. Die Frage ist allerdings, wer dies in einem durch private Unternehmen gestalteten Rechtssystem leisten soll. Gerade das Beispiel einer Mordserie an Obdachlosen macht das Problem eines profitorientierten Rechtssystemes schlaglichartig deutlich. Welches profitorientierte Unternehmen sollte ein Interesse daran haben, Millionen für die Ergreifung und Verurteilung und spätere Überwachung eines Täters auszugeben, der mittellose Personen ermordet hat? Dies wäre ökonomisch sinnlos, weil Retribution kein ökonomisches Gut ist. Dafür ist eine Institution erforderlich, die nicht dadurch begrenzt ist, dass ein Profit realisiert werden muss. In anderen Worten, ein Staat.

Ilana Mercers Resümee über das alternative System der Restitution läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: "Dadurch, dass sie eine proportionale Bestrafung verwerfen zugunsten einer üblicherweise unverhältnismäßig armseligen 'Restitution', befürworten Liberal-Anarchisten eine systematische Ungerechtigkeit."

Literatur:
Robert James Bidinotto: The goal of law: justice or "utility"?
Ilana Mercer: The criminal's theoretical enables
Wendy McElroy: Criminals owe debt to victims, not society

Mittwoch, April 12, 2006

Gegen eine Politisierung des Strafrechts

Der Publizist Robert W. Tracinski hat sich in einem Beitrag für das capitalismmagazine.com energisch gegen die Schaffung eines US-Bundesgesetzes gegen sog. "Hate Crimes" ausgesprochen. Ein solches Gesetz würde Verbrechen, die auf einer Feindschaft gegenüber Schwarzen, Homosexuellen und anderen geschützten Gruppen beruhen, zu einem besonderen Bundesvergehen machen. Dies würde zur einer Politisierung des Strafrechts führen, da nicht mehr die kriminelle Handlung entscheidend sei, sondern das kriminelle Denken des Täters, schreibt Tracinski. Wohin dies führen kann, beschreibt Tracinski folgendermaßen: "Wenn ein Mann, der aufgrund einer tatsächlichen kriminellen Handlung verurteilt wurde, zu zusätzlichen Jahren im Gefängnis verurteilt werden kann, einfach für seine Ideen, warum kann er dann -dieser Logik nach- nicht einfach nur für seine Ideen bestraft werden." Tracinski sieht diese Politisierung des Rechts bereits seit den sechziger Jahren in Gang, wo gewaltätige Gegner des Vietnam-Krieges mit besonderer Nachsicht bestraft wurden. Auf der anderen Seite gebe es aber auch konservative Richter, die rabiaten Abtreibungsgegnern "ernsthafte religiöse Überzeugungen" zuschreiben und deren Strafen aufheben würden. Trancinski propagiert stattdessen das Prinzip, Kriminelle dafür zu bestrafen, dass sie Gewalt gegen andere initiert haben, und nicht dafür, dass sie schlechte Ideen haben.