Ayn Rand wurde am 2. Februar 1905 in St. Petersburg als Alisa Rosenbaum geboren. 1926 immigrierte sie in die USA und nimmt dort den Namen Ayn Rand an. Alisa war das erste Kind des Apothekers Zinovy Rosenbaum und seiner Frau Anna. Im Alter von neun Jahren entdeckte sie in einem französischen Magazin für Jungen, das ihre Mutter für sie abonniert hatte, die Fortsetzungsgeschichte The Mysterious Valley von Maurice Champagne. Die von Champagne geschaffene Figur des britischen Offiziers Cyrus Paltons machte enormen Eindruck auf sie, weil sie in kompletter Form die Art von Mensch darstellte, die sie bewundern konnte. Als sie selbst zur Schrifstellerin geworden war, heißen ihre Helden Howard Roark, Hank Rearden und John Galt. Die Darstellung von idealen Menschen sei das Motiv und der Zweck ihres Schreibens, schreibt sie 1963 in ihrem Aufsatz The Goal of my Writing, und nicht die philosophische Aufklärung ihrer Leser. Mit 13, in der “erdrückenden, heruntergekommnen Hässlichkeit von Sowjet-Russland”, entdeckte sie Victor Hugo. Von 1921 an studierte sie drei Jahre im Hauptfach Geschichte an der Staatsuniversität in Petrograd. Ende 1925 erhielt Alisa ihren sowjetischen Pass und 17. Januar 1926 begann sie ihre Reise in die USA, wo sie zunächst bei Verwandten der Familie in Chicago unterkommen wollte. Alisa Rosenbaum sollte das Land ihrer Geburt nie wieder betreten und alle Versuche, ihrer Familie eine Ausreise in die USA zu ermöglichen, scheiterten. Ihr Vater Zinovy Zacharovich Rosenbaum starb 1939 und ihre Mutter Anna Borisovna Rosenbaum im folgenden Jahr. Ihre Schwester Natalia starb 1942 bei einem Luftangriff. Lediglich ihre jüngste Schwester Eleanora konnte Ayn Rand noch einmal wiedersehen, als diese im April 1974 in die USA reisen durfte. Dieses Wiedersehen nach den Jahrzehnten der Trennung verlief allerdings anders, als Ayn Rand es sich erwartet hatte. Ihrer Schwester missfiel ihre Arbeit und ihre Philosophie, und sie kehrte schließlich freiwillig in die Sowjetunion zurück – zur großen Enttäuschung ihrer berühmten Schwester.
Rands amerikanische Karriere begann mit einer zufälligen Begegnung in Hollywood mit dem bekannten Regisseur Cecil B. DeMille, der ihr eine Rolle als Komparsin in dem Film The King of Kings gab. 1929 heiratete sie den Schauspieler Frank O’Connor in Los Angeles. Die Ehe sollte erst über 50 Jahre später mit dem Tod von O’Connor enden. 1931 wurde Rand amerikanische Staatsbürgerin. 1932 gelang es ihr, für 1 500 $ ihren ersten Drehbuchentwurf (”Treatment”) an Universal Pictures zu verkaufen: Red Pawn. Die Geschichte, die in der Sowjetunion spielt, wurde allerdings bis zum heutigen nicht in einem Film umgesetzt. Die Einkünfte von Red Pawn versetzten sie in die Lage, sich vollständig der Fertigstellung ihres ersten Romans We the Living zu widmen, den sie 1934 beendete, der aber erst 1936 veröffentlicht wird. Der Roman trägt stark autobiografische Züge. Die Protagonistin Kira mit ihren Ideen, Überzeugungen und Werten hat Rand nach sich selbst erschaffen. Gleichwohl ist We the Living kein Roman über die Sowjetunion des Jahres 1925, sondern ein Roman über jede Diktatur, überall: “Es ist ein Roman über den Menschen gegen den Staat.” Im faschistischen Italien wurde der Roman während des 2. Weltkrieges ohne das Wissen und die Erlaubnis von Rand als Vorlage für zwei Filme (Noi Vivi und Addio, Kira) benutzt. Der Regisseur Goffredo Alessandrini suchte nach einem Stoff, der ihn in die Lage versetzte, Kritik am faschistischen System zu üben, ohne die Zensur auf sich aufmerksam zu machen. Nach einer erfolgreichen Premiere beim Filmfestival in Venedig kam der Film im November 1942 in die Kinos und wurde zu einem riesigen Erfolg. Bald gerieten die Filme allerdings in das Blickfeld der Zensur – Mussolini selbst soll sehr wütend über den Film gewesen sein – und fünf Monate nach seiner Veröffentlichung wurden sie verboten. 1934 gelang Rand in den USA ein erster kommerzieller Erfolg durch die Realisierung des Theaterstücks Woman on Trial, das später unter dem Titel Night of January 16th aufgeführt wurde.
1938 begann Rand die Arbeit an ihrem Roman The Fountainhead, die sie dann am 31.12.1942 abschloss. Die Publizierung des Romans hatte sich allerdings als ausgesprochen schwierig gestaltet, da der Roman von insgesamt zwölf Verlagen abgelehnt worden war. Das Thema des Buches beschrieb sie später als “Individualismus versus Kollektivismus, nicht in der Politik, sondern in der Seele des Menschen.” In der Phase der Arbeit an The Fountainhead verfaßte sie im Jahr 1937 die Novelle Anthem, in der Menschen in einer futuristischen Gesellschaft beschrieben werden, die das Wort “Ich” aus ihrem Vokabular (und den Köpfen der Menschen) verbannt hat. Rands Agentin gelang es allerdings nicht einen Verleger für die Novelle zu begeistern und so wurde es erst im Jahr 1946 in den USA veröffentlicht. In Großbritannien kam das Buch allerdings schon im Jahr 1938 auf den Markt, und wurde dort auch ein Erfolg.
Die Idee zu dem Roman, der schließlich den Titel Atlas Shrugged tragen sollte, kam Ayn Rand bei einem Telefonat mit einer Bekannten im Jahr 1943, die Rand bedrängte, ihre in Atlas Shrugged geäußerten Ideen über Sachliteratur populär zu machen. Der Vorschlag animierte Rand darüber nachzusinnen, wie es wäre, wenn produktive Menschen in einen Streik treten würden. Von der Idee bis zum fertigen Roman sollten allerdings 14 Jahre vergehen und aus dem ursprünglichen Titel “The Strike” wurde Atlas Shrugged, eigentlich nur der Titel eines Kapitels des Romans. Mit der Veröffentlichung von Atlas Shrugged endete der Abschnitt in Ayn Rands Leben, der geprägt war von der Arbeit an ihren Romanen.
Für die nun 52 jährige Rand begann die Zeit, wo sie als Sachbuchautorin, Herausgeberin von Zeitschriften, Kolumnistin und Rednerin aktiv werden sollte. Auch das Fernsehen wird auf Ayn Rand aufmerksam und so konnte sie im Jahr 1959 erstmals dieses Medium nutzen, um ihre Ansichten zu präsentieren. Gleich in der ersten Frage bat Gastgeber Mike Wallace Ayn Rand ihre Philosophie, die er als “Randismus” bezeichnet, zu erklären. Rand wies diesen Ausdruck allerdings zurück: “Zunächst einmal nenne ich sie nicht ‘Randismus’. Ich mag diesen Namen nicht. Ich nenne sie Objektivismus…” Im Jahr 1962 begann Rand mit der Herausgabe der Zeitschrift The Objectivist Newsletter, die erste von insgesamt drei Zeitschriften, die sie im Laufe der Zeit betreuen sollte.Im Jahr 1969 wurde Ayn Rand die große Ehre zuteil, dass sie zu den geladenen Gästen anläßlich des Starts des Raumschiffs “Apollo 11″ gehörte, das mit drei Astronauten in Richtung Mond abheben sollte. In der September-Ausgabe ihrer Zeitschrift The Objectivist, dem Nachfolgemagazin des The Objectivist Newsletter, berichtete Rand später über dieses denkwürdige Ereignis. “Pure Begeisterung” ergreift die Autorin, weil sie Zeugin einer “konkretisierten Abstraktion der Größe des Menschen” geworden war. Der Astronaut Michael Collins, der zur Crew von Apollo 11, gehört hatte, schrieb Rand in einem Brief, dass ihr Artikel wahrscheinlich der beste sei, der über die erfolgreiche Mondlandung geschrieben worden sei. Rand antwortete ihm am 2. Januar 1970, dass dies die schönste Anerkennung sei, die sie während ihrer gesamten Karriere als Autorin bekommen habe. Sie schließt ihren Brief mit der Formel “In tiefer Bewunderung”. Als die Zeitschrift The Objectivist im September 1971 einstellt wurde, zählte sie “Apollo 11″ zu ihren drei Lieblingsartikeln, die sie seit dem Beginn der Zeitschrift im Januar 1966 verfaßt hatte. Im März 1974 wird Ayn Rand eine weitere Ehre zuteil: Sie erhält die Einladung, an der Militärakademie in West Point eine Rede zu halten. Sie wählte das Thema Philosophy: Who needs it und erklärte ihren Zuhörern: “Als ein menschliches Wesen haben Sie keine Wahl hinsichtlich der Tatsache, dass Sie eine Philosophie brauchen.”
In den frühen fünfziger Jahren begann Rand, eine Gruppe von intellektuellen Seelenverwandten um sich zu sammeln, die sie nach dem Erscheinungsjahr von The Fountainhead als “Klasse von ‘43″ (Class of ‘43) bezeichnete. Unter den Teilnehmern an dieser Diskussionsgruppe kursierte allerdings auch die scherzhafte Bezeichnung “Das Kollektiv”. Unter diesen Personen befand sich Leonard Peikoff, außerdem Alan Greenspan, der spätere Chef der amerikanischen Notenbank und der Psychologe Nathan Blumenthal (später Nathaniel Branden), zu dem die Beziehung 1968 äußerst spektakulär abbrechen sollte, was Rand auch öffentlich in einem Artikel in der Zeitschrift The Objectivist (“To Whom It May Concern”) kundtun sollte. Zusammen mit seiner Frau Barbara, die ebenfalls zum inneren Kreis der Objektivisten gehörte (die Ehe bestand von 1953 bis 1965), veröffentlichte er im Jahr 1962 das Buch Who is Ayn Rand?, das -neben mehreren Aufsätzen von Branden selbst- eine von Barbara Branden verfaßte biographische Studie enthält, für die Ayn Rand von beiden Autoren intensiv interviewt worden war.
Rands Romane und Schriften gelten als “Katalysator” des libertären Bewegung in den USA. Von dieser Bewegung nimmt Rand in ihren veröffentlichten Aufsätzen allerdings kaum Notiz. Der Ausdruck “libertarian” wird von ihr nur in dem Aufsatz What Can One Do aus dem Jahr 1972 überhaupt verwendet.1980 äußert sie, dass die Libertären “heute vielleicht die schlimmste politische Gruppe sind, weil sie den Kapitalismus am stärksten schaden können, dadurch, dass sie ihn in Verruf bringen.” Politisch verstand sich Rand weder als Libertäre noch als Konservative, sondern als “Radikale für den Kapitalismus”. Zwei republikanische Präsidentschaftskandidaten bekamen aber trotzdem ihre Unterstützung in Wahlkämpfen: Wendell Wilkie 1940 und Barry Goldwater 1963. Für Wilkie engagierte sich Rand und ihr Ehemann sogar als ehrenamtliche Wahlkampfhelfer. 1980 lehnt sie es allerdings ab, für den Republikaner Ronald Reagan zu stimmen, weil dieser “angebliche Befürworter des Kapitalismus” einen Verfassungszusatz zum Verbot der Abtreibung befürwortete. Sie sprach ihre Zuhörer auch ganz offen an und bat sie, nicht für Reagan zu stimmen.
Ayn Rand stirbt am 6. März 1982 in ihrem New Yorker Apartment an Herzversagen. Sie wurde auf dem Kensico Cemetery in Valhalla, N. Y., neben ihrem Mann beerdigt. Nach ihrem Tod wird von ihrem Schüler Leonard Peikoff, den die kinderlose Rand auch zu ihrem Erben bestimmt hatte, das Ayn Rand Institute gegründet, das die Aufgabe hat, Rands Philosophie zu verbreiten und zukünftige objektivistische Intellektuelle auszubilden. Der Objektivismus wird heute -neben dem ARI- vor allem von dem amerikanischen Finanzdienstleister BB&T finanziell und ideell unterstützt. Die firmeneigene Philosophie ist stark von objektivistischen Prinzipien geprägt. Punkt 1 der “Werte ” des Unternehmens ist “Realität”: “Was ist, ist. Wenn wir besser sein wollen, müssen wir innerhalb des Kontext der Realität handeln (den Fakten). Unternehmen und Personen machen oft ernsthafte Fehler dadurch, dass sie Entscheidungen treffen, die auf reinem Wunschdenken basieren, oder auf Theorien, die von der Realität abgekoppelt sind.” Rands Roman Atlas Shrugged (dt: “Wer ist John Galt “) wird auch über fünfzig Jahre nach seinem erstmaligen Erscheinen in den USA immer noch stark nachgefragt und gilt es einer der einflussreichsten Werke der amerikanischen Belletristik. In einer landesweiten Umfrage innerhalb der USA wurde 1991 nach den Büchern gefragt, die das Leben der Leser am stärksten verändert hätten: Atlas Shrugged landete nach der Bibel auf dem 2. Platz. Trotz zahlreicher Übersetzungen -auf der Website des Ayn Rand Institute sind Übersetzungen in insgesamt 18 Sprachen aufgeführt- sind die Verkaufszahlen von Rands Büchern außerhalb der Vereinigten Staaten vergleichsweise gering. Von den zeitgenössischen Schriftstellern, die von Rand beeinflusst wurden, ist vor allem dem der Fantasy-Autor Terry Goodkind zu nennen. Goodkind bezeichnet sich auf seiner offiziellen Website selbst als Objektivisten. Seine Meinung über Ayn Rand: “Ich glaube, sie war die brillianteste Denkerin seit Aristoteles.”
|