Freitag, Januar 26, 2007

Jack Bauer: Ein Mann aus Stahl

Unsere Politiker finden sicherlich keine Zeit sich eine Action-Serie in einem kleinen Privatsender wie RTL 2 anzusehen, denn wenn sie es täten, müßte man damit rechnen, dass sie diese Serie moralisch verdammen würden. Möglicherweise tun sie es aber doch, und fühlen sogar eine gewisse Affinität zu dem Hauptdarsteller dieser Serie, was sie der breiten Öffentlichkeit aber wohlweislich vorenthalten, denn dies wäre politisch unkorrekt, weil der Anti-Terror-Agent Jack Bauer -der Held der preisgekrönten Serie "24"- sich so verhält, dass Präsident Bush im Vergleich zu ihm so militant wie ein Schülerlotse wirkt. "Wenn ich mit Ihnen fertig bin, werden Sie nicht mehr wissen, wie sie heißen", herrscht er einen Verdächtigen an. In einer anderen Szene droht er in Anwesenheit des amerikanischen Präsidenten dem verräterischen Stabschef an, ihm seine Augen herauszuschneiden, falls dieser nicht reden sollte. Und der entsetzte Mann, der die Akte von Bauer kennt, zögert nicht besonders lange, um die erwünschten Informationen herauzurücken. Und es bleibt keineswegs bei Androhungen von Gewalt - er tut es auch wirklich. Sagen wir es offen: Es wird Folter eingesetzt, um Verdächtigen Informationen abzupressen. Aber ebenso deutlich muss erwähnt werden, dass diese Serie sich nicht innerhalb des Rahmens normaler Polizei- oder Geheimdiensttätigkeit bewegt. Es sind Ausnahmesitutationen, die Anwendung normaler rechtlicher und moralische Standards unmöglich machen. Wo unter normalen Umständen Menschen die Möglichkeit haben, verschiedene positive Effekte auf ihre Leben gegeneinander abzuwägen, besteht in Ausnahmesituationen oft nur die Möglichkeit, verschiedene Arten von schädlichen Wirkungen zu bewerten. Jack Bauer handelt unter den Umständen, die ein Wolfgang Daschner vorfand, als er den mutmaßlichen Entführer eines Jungen in Gewahrsam hatte und er das Leben dieses Jungen retten wollte, allerdings potenziert um das Hunderttausendfache. Dabei entspricht Jack Bauer nicht dem üblichen Klischee des Actionhelden. Er sieht anders aus, er spricht anders und vor allem: er denkt anders. Es dürfte bisher noch keine Serie mit einem Vertreter des Rechtsstaates in der Hauptrolle gegeben haben, wo der Protagonist eine derartig höfliche Sprache an der Tag legt. "Danke" und "bitte" kommen in einer derartigen Regelmäßigkeit vor, dass man wirklich den Eindruck haben muss, einen ausgesprochen zivilisierten Menchen vor sich zu haben. An ihm ist nichts Neurotisches, Obszönes oder Derbes, wie es ansonsten so üblich geworden ist bei den Vertretern des Rechtes auf unseren Bildschirmen. Seine Höflichkeit ist allerdings ausgesprochen selektiv. Die Bösen verdienen sie nicht und sie bekommen sie auch nicht. Und er auch keineswegs ein Muskelprotz, der mit freien Oberkörper eine glänzende Figur abgeben würde. Er wirkt schmächtig, was aber seiner physischen Präsenz keinen Abbruch tut. Er weiß seinen Körper einzusetzen, wenn dies notwendig sein sollte. Aber all die brutalen Dinge, die er tut, können keine Spuren an seiner Seele hinterlassen, sie perlen an ihm ab wie ein Wassertropen an einem frisch gewachstem Auto. Jack Bauer ist ein Mann aus Stahl, aber nicht primär aufgrund seiner Köperkraft, sondern weil seine Prinzipien rational und unerschütterlich sind. Wie ein Kontrastprogramm wirkt dagegen die Figur des amerikanischen Präsidenten - ewig schwankend und immer gerade der Meinung des Beraters zugeneigt, den er gerade zuletzt gesprochen hat. Als er sich wieder in eine aussichtslose Situation manövriert hat, wo er sogar dem Tod seiner Ehefrau zugestimmt hat, fällt er in purer Verzweifelung auf die Knie und fängt an zu beten. Aber diese Geste macht ihn keineswegs sympathischer, sondern unterstreicht nur seine moralische Schwäche. Nichts dergleichen könnte man sich von Jack Bauer vorstellen. Der rationale Mensch Jack Bauer betet nicht, er setzt seinen Verstand ein, um seine Werte zu definieren und die Handlungsoptionen zu bestimmen, die zur Erlangung dieser Werte notwendig sind. Aber er ist ein rationaler Mensch von einer besonderen Qualität. Er ist ein Held: "Der Held ist der Mensch, den kein Hindernis davon abhalten kann, nach den Werten zu streben, für die er sich entschieden hat." (Andrew Bernstein) Selbst wenn die meisten Menschen keine Interesse daran haben sollten, ihre beruflichen Herausforderungen in einem Kontext zu finden, in dem sich üblicherweise Jack Bauer aufhält, so können sie doch aus dem Anblick eines solchen Menschen Kraft für den Motor ihrer Seele tanken - Politiker eingeschlossen.
Einschaltquoten (%):
6,0, 4,5 und 7,3 (10. Januar)
5,7, 3,9 und 7,8 (17. Januar)
4,5, 6,7 und 8,1 (24. Januar)

Donnerstag, Januar 25, 2007

Der Mythos des "moderaten" Islam

Der Schriftsteller Edward Cline setzt sich in einem Beitrag für RuleofReason.com mit den sogenannten "gemäßigten" Muslimen bzw. dem "gemäßigten" Islam auseinander. Daniel Pipes etwa setzt sehr große Hoffnungen auf diese "Moderaten": "Es ist ein tragischer Fehler, alle Muslime mit den Mächten der Dunkelheit in einen Topf zu werfen. Moderate, aufgeklärte, freidenkerische Muslime existieren." Sie würden, so Pipes, schließlich eine große Rolle spielen bei der Modernisierung des Islam. Cline sieht die "Moderaten" viel kritischer: "Wenn die 'gesetzestreuen" friedlichen Muslime 'friedlich' sind, warum sind sie so still, wenn ihre Brüder Tod, Zerstörung und Rache versprechen? Ist solch ein Schweigen nicht eine Sanktion der gewaltätigen Aktionen des 'Extremisten'? Wer gibt den 'Extremisten' die Erlaubnis, in ihrem Namen zu sprechen und handeln? Jene 'Moderaten'. Sie sind nicht so schuldlos, wie man annehmen könnte. Ihre Glaube fordert mentale Passivität, und sie fügen sich." Cline schreibt, dass die einzige Lösung für eine "Modernisierung" des Islam sein totaler Kollaps wäre: "Es ist in der Tat ein Zusammstoss der Kulturen, und derjenige, der das meiste Vertrauen in die eigenen Werte hat, wird triumphieren." Das Problem in dieser gewaltigen Schlacht zur Verteidigung der wissenschaftlichen, industriellen Zivilisation sind allerdings unsere Intellektuellen, worauf Harry Binswanger verweist: "Wenn die Berühmtheiten auf dem Campus offene Irrationalisten sind wie Skinner, Chomsky, Kuhn, Derrida und Fish, dann sind die Bollwerke gegen den Fanatismus unten. Niemand von unseren intellektuellen oder politischen Führern wird sagen, zum Beispiel, dass der Islam irrational ist oder das Religion an sich irrational ist. Oder dass der Ökologismus nur eine weitere Religion ist."

Dienstag, Januar 02, 2007

Todesstrafe

Gegenwärtig wird in der Bloggosphäre wieder einmal hitzig um die Todesstrafe debattiert. Dabei herrschen zumeist ablehnende Einstellungen vor, welche die Todesstrafe als einen illegitimen, barbarischen Akt verteufeln. So titelt beispielsweise jo@chim vom Antibürokratietum: "Mord mit Mord vergolten". Das ist so aber nicht korrekt. Mord ist die Bezeichnung für die absichtsvolle Tötung eines anderen Menschen, und somit für einen Rechtsbruch. Die Todesstrafe aber ist kein Rechtsbruch.

Um das zu verstehen, sollten wir uns klar machen, was Recht bzw. Rechte eigentlich sind und wann sie gelten. Nehmen wir beispielsweise den Fall Robinson Crusoes, der einsam auf einer Insel lebt. Es wäre recht absurd darüber nachzudenken oder zu diskutieren, welche Rechte er hat. Er bedarf ihrer nicht, denn es besteht keine Gefahr, dass er in seinem Handeln mit anderen Menschen in Konflikt gerät. Rechte sind nur dort nötig und relevant, wo das Handeln mehrerer Menschen potenziell in Konflikt geraten kann.

Deshalb ist auch die einzig sinnvolle Definition von Rechten die folgende: Rechte sind sind moralische Prinzipien, welche den Handlungsspielraum eines Menschen in einem gesellschaftlichen Kontext regeln. Sie sind nicht intrinsisch, sondern objektiv; d.h. sie gelten nicht immer und überall, als seien sie dem Menschen innewohnend, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen, in einem bestimmten Kontext. Hierbei schließen diese Rechte aus, dass ein Mensch in dem durch sie geschützten Bereich die Erlaubnis anderer zum Handeln bedarf und diese ihn nicht durch Zwang oder Gewalt am Handeln hindern dürfen.

Wie sieht das nun konkret im Fall der Todesstrafe respektive allgemein bei Strafen überhaupt aus? Denn der Akt des Strafens besteht dezidiert in einer Anwendung von Zwang und Gewalt: Wer einen Menschen einsperrt, der schränkt seine Handlungsmöglichkeiten ein; wer ihm eine Geldstrafe auferlegt, der zwingt ihn einen Teil seines Eigentums abzuliefern. Wer die Todesstrafe an einem Menschen vollzieht, der beraubt ihn überhaupt jedweder Möglichkeit, jemals wieder zu handeln. Wer Rechte als intrinsisch setzt, in ihrer Gültigkeit also keinerlei Ausnahmen zulässt, für den wird es zu einer Unmöglichkeit Akte der Bestrafung zu legitimieren.

Wie aber kann man nun den vergeltenden Einsatz von Zwang und Gewalt zwecks Bestrafung rechtfertigen?

Wie wir gesehen haben, sind Rechte nicht intrinsisch, sondern objektiv, d.h. nur unter bestimmten Voraussetzungen gültig, der Begriff des Rechtes nur in bestimmten Kontexten anwendbar. Der Bereich, in dem die Konzeption der Bestrafung ihren Platz hat, ist solch ein Kontext, in dem der Schutz, den Rechte bieten, für den Bestraften nicht einforderbar ist. Wie das?

Machen wir uns folgendes klar: Das Universum ist in sich widerspruchsfrei aufgebaut. A ist A. Und ein Mensch darf sich durch sein Handeln nicht in einen Selbstwiderspruch verwickeln. Dies tut aber ein Mensch, der durch sein Handeln die Rechte anderer negiert, den Schutz des Rechts aber für sich selbst einfordert. Indem er gegenüber anderen Menschen Zwang und Gewalt initiiert, verleiht er durch sein Handeln der Ansicht Ausdruck, dass es soetwas wie Rechte, die ein derartiges Handeln unterbinden würden, nicht gibt. Er negiert den Begriff des Rechtes und verlässt damit den Kontext, in dem Rechte gültig sind, in dem der Rechtsbegriff überhaupt anwendbar ist. Wenn er die Existenz von Rechten bei anderen leugnet, kann er sie nicht für sich selbst einfordern. Wenn er andere durch Zwang und Gewalt bedroht, dann muss er notgedrungen akzeptieren, dass auch er nicht vor dem Einsatz von Zwang und Gewalt durch andere gefeit ist.

Dies ist sowohl die philosophische Legitimation für Akte der Notwehr, als auch für Akte der Bestrafung durch den Staat. Die Verletzung eines Rechtes durch einen Menschen muss vergolten werden, indem man ihm durch Bestrafung seiner selbst aufzeigt, was die Negation des betreffenden Rechtes bedeutet.

Und hier ist auch die Todesstrafe einzuordnen: Wer das grundlegendste aller Rechte --nämlich das Recht, zu leben -- eines anderen Menschen negiert und dessen Leben absichtsvoll auslöscht, der begibt sich vollkommen ausserhalb jedweden Rechtes; der verwirkt sein eigenes Recht, zu leben. Der Tod ist die einzig angemessene, einzig gerechte Strafe für eine derartige Tat.

Nachtrag: In meinem gestrigen Beitrag zur philosophischen Legitimation der Todesstrafe im Besonderen und des Strafens überhaupt im Allgemeinen schrieb ich: Die Verletzung eines Rechtes durch einen Menschen muss vergolten werden, indem man ihm durch Bestrafung seiner selbst aufzeigt, was die Negation des betreffenden Rechtes bedeutet.

Dieser Satz impliziert das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, d.h. das eine Strafe im Verhältnis zur begangenen Tat stehen soll. Ich möchte versuchen, diesen Satz etwas weiter auszuführen und dabei gleich zu erläutern, warum die Todesstrafe im Fall eines Mordes die einzige verhältnismäßige Strafe ist.

Der grundsätzliche Gedanke des verhältnismäßigen Strafens besteht darin, dass die Tat eines Menschen, durch die er das Recht eines anderen Menschen verletzt, auf diesen zurückgeworfen werden soll. Auf diese Art soll dem Täter, anhand des Rückwurfs der Konsequenzen seiner Tat auf ihn selbst, aufgezeigt werden, was seine Tat und die damit verbundene Negation eines Rechtes eigentlich bedeutet. Möglich gemacht wird das verhältnismäßige Strafen dadurch, dass nicht jede Rechtsverletzung von gleicher Schwere ist; dass es unterschiedliche Ausmaße gibt, in denen eine Tat Rechte verletzt. Eine Vergewaltigung ist beispielsweise eine weitaus schwerere Verletzung von Rechten als ein Taschendiebstahl.

Prinzipiell handelt es sich bei der Idee des verhältnismäßigen Strafens um die alttestamentarische Konzeption des "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Diese wird heutzutage oft als barbarisch bezeichnet, da sie vorgeblich nur auf Rache aus sei. Dies ist aber nicht der Fall: Rache ist unmäßig und kennt keine Grenzen; sie kennt kein Maß und Verhältnis. Ein gerechtes Strafen ist aber ein solches, welches die Strafe ins Verhältnis zur Schwere der begangenen Tat setzt. Dies ist beim "Auge um Auge, Zahn um Zahn"-Prinzip der Fall.

Dennoch ist diese Konzeption, zumindest so man sie wortwörtlich nimmt, in anderer Hinsicht etwas veraltet. Denn es erweist sich für ein modernes, formalisieres Justizwesen als recht impraktikabel und aufwendig, teilweise sogar als regelrecht unmöglich, dem Täter exakt das Gleiche zuzufügen, wie er seinem Opfer angetan hat. Deshalb muss dieser Grundsatz in übertragenem Sinne verstanden werden: Eine Strafe soll in ihrer Härte für den Täter der Schwere des begangenen Verbrechens entsprechend. Auf diese Art wird es dann möglich, eine Vergewaltung auch mit Freiheitsentzug zu bestrafen, anstatt mit einer Gegenvergewaltigung.

Wenn dem aber so ist, dass man in der Regel Substitutivstrafen verhängen kann und in der Praxis auch tatsächlich verhängt, weshalb sollte man dann ausgerechnet Mord mit der Tötung des Täters vergelten, und nicht auch mit einer solchen Substitutivstrafe, wie beispielsweise lebenslanger Freiheitsentzug mit Sicherheitsverwahrung?

Dazu sollten wir uns überlegen, was Mord bedeutet und welche Schwere diesem Verbrechen beizumessen ist. Mord bedeutet die absichtsvolle Tötung eines anderen Menschen. Er bedeutet für den getöteten Menschen die Negation seines Rechtes, zu leben. Dieses Recht ist das grundlegenste aller Rechte, ohne dessen Beachtung auch die Wahrnehmung anderer Rechte (wie Eigentum oder Streben nach Glück) nicht mehr möglich ist. Wer das Recht, zu leben, durch seine Tat negiert, der negiert ausnahmslos sämtliche Rechte, die ein Mensch überhaupt haben kann. Er beendet ein Menschenleben; eine Tat, für die keine Wiedergutmachung am Opfer möglich ist.

Die absichtsvolle Negation des Rechtes, zu leben, ist das von der Schwere her schlimmste Verbrechen, das ein Mensch begehen kann. Mord ist das ultimative Verbrechen. Und ebenso wie Mord das ultimative Verbrechen ist, so ist auch die Todesstrafe die ultimative Strafe.

Mord ist ein Verbrechen von solcher Abscheulichkeit und Monstrosität, dass keine Substitutivstrafe dem gerecht werden könnte. Das ultimative Verbrechen verdient nichts weniger als die ultimative Strafe. Im Fall der absichtsvollen Tötung eines Menschen kann nur die vergeltende Tötung des Mörders eine gerechte Strafe sein.



Quelle: Heroic Dreams (Erstveröffentlichung 18.12.2005, Nachtrag vom 19.12.2005)