Sonntag, November 26, 2006

Der Mut eines Cowboys

Bei den letzen amerikanischen Präsidentschaftswahlen soll es sich um eine Volksabstimmung über das Cowboyimage von Präsident Bush gehandelt haben. Für die Europäer war und ist dieses Image ein Grund für Besorgnis, nicht aber für die Amerikaner, wie Andrew Bernstein schreibt: "Für die meisten Amerikaner ist der Cowboy kein Schurke, sondern ein Held. Was wir schätzen am Cowboy des Alten Westens, ist seine Bereitschaft, gegen das Böse aufzustehen, und es alleine zu tun, wenn es notwendig ist. Der Cowboy ist das Symbol für die wichtigen Tugenden des Mutes und der Unabhängigkeit."

Mittwoch, November 22, 2006

Peikoff sieht Gefahr einer Theokratie

Für die amerikanischen Zwischenwahl im November hatte Leonard Peikoff eine Wahlempfehlung zugunsten der Demokraten abgegeben, die in objektivistischen Kreisen eine teilweise heftige Diskussion ausgelöst hat: "Die dringendste politische Aufgabe ist es jetzt, die Republikaner von der Macht zu entfernen, wenn möglich im Repräsentantenhaus und im Senat. Dies bedeutet, konsequent für demokratische Kandidaten zu stimmen, selbst wenn sein Gegner ein 'guter' Republikaner ist." Peikoff begründet dies damit, dass die Republikaner für Religion stünden, und Religion sei die einzige reale Gefahr für Amerika zur Zeit, wohingegen der Sozialismus, für den die Demokraten stünden, seinen Höhepunkt bereits überschritten hätte und die heutigen Linken nicht mehr die leidenschaftlichen Kollektivisten der dreißiger Jahre wären. Ausdrücklich weist Peikoff am Ende seines kurzen Artikels auf die Möglichkeit einer Theokratie in Amerika hin, die sich in weniger als 50 Jahren etabliert haben könnte. Diese Wahlempfehlung konnte nicht besonders überraschen, da Peikoff bereits bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl mit ähnlichen Argumenten den demokratischen Kandidaten Kerry unterstützt hatte. Überraschend, und für viele Objektivisten befremdlich und enttäuschend, war diesmals der von Peikoff geäußerte Vorwurf, dass Menschen, die die Republikaner wählten oder zu Hause blieben, den Objektivismus nicht verstünden. Implizit wird sogar der Vorwurf erhoben, dass ein solches Verhalten unmoralisch sei. Erweitert man den Zeitrahmen allerdings, läßt sich feststellen, dass Peikoff die Vorstellung einer drohenden theokratischen Gefahr für die USA erst in den letzten Jahren entwickelt haben muss. In seinem Buch Omninous Paralles, das Anfang der achtziger Jahre erschien, weist er ausdrücklich die Idee einer religiösen Gefahr zurück -nicht allerdings die Gefahr einer Diktatur nazistischen Typus. Selbst im Jahr 1998 sprach Peikoff noch davon, dass sich Amerika langsam von der Religion entferne: "Historically speaking, we're still emerging from the medieval period; each century since the Renaissance has seen a decline in religion, and it's still disappearing, but it's going to take a long, long time." Vermutlich kam es bei Peikoff erst im Zusammenhang mit seiner Arbeit an der DIM-Hypothese zu einem Sinneswandel. Unter den Unterstützern von John Kerry befand sich neben Peikoff auch der objektivistische Redner und Autor Craig Biddle, der zur Begründung seiner Haltung eine Art Katastrophenstrategie präsentiert. Kerry sei das größere Übel, aber gerade deshalb sollte er gewählt werden. Biddle schafft es, im gesamten Text nichts Positives über Kerry sagen zu können, ihn aber trotzdem zu empfehlen: "John Kerry ist abscheulich, aber ich werde für ihn stimmen. (...) Stimmt für Kerry und versucht, nicht zu kotzen." Ausgangspunkt für die Argumentation von Biddle ist ein Zitat von Ayn Rand, wo sie sagt, dass ein halber Kampf schlimmer ist als gar keiner. Bush treibe eine "aufopfernde Außenpolitik", die den Amerikanern aber als "hawkish" verkauft würde, und damit wäre die Möglichkeit einer wirklich selbstbewußten Außenpolitik aus der Debatte verbannt worden. Auch auf die Innenpolitik bezogen wiederholt Biddle dieses Argument. Bush habe den Begriff Kapitalismus aus der innenpolitischen Debatte entfernt, er habe etatistische Politik in eine kapitalistische Terminologie gepackt. Eine Amtsübernahme Kerrys würde sozusagen die Fronten klären. Die Taube machte eine taubenhafte Politik und deklariert sie auch als solche, was die Rechte animieren würde, Druck auf die Taube auszuüben, um diese in Richtung einer selbstbewußteren Politik zu drängen. Biddles Strategie ist nicht nur naiv und unrealistisch, so ist auch moralisch zweifelhaft, weil sie das Gute befördern will durch die Akzeptanz des Opfers. So hätte Biddle etwa den 11. September im Grunde genommen begrüßen müssen, da auch dieses Massaker klare Fronten schaffte, indem es den barbarischen Charakter des islamistischen Terrors so unmißverständlich deutlich machte. Biddle begeht darüber hinaus den Fehler, das Verhältnis von Politik und Kultur auf den Kopf zu stellen. John Hospers stellt in seiner Stellungnahme zu den Präsidentschaftswahlen klar, dass die Amerikaner "psychologisch" nicht auf eine "libertäre" Gesellschaft vorbereitet seien. Richtiger sollte man feststellen, dass sie philosophisch weder auf eine kapitalistische Gesellschaft noch auf eine robuste Außenpolitik vorbereitet sind. Bush machte nicht seine persönliche "christliche Ethik" zu schaffen, sondern es war die widersprüchliche Ethik seiner Landsleute selbst, die eine andere Strategie seiner Außenpolitik verhinderte. So waren etwa fast alle amerikanische Kirchen gegen den Irak-Krieg. Bush befand sich also schon in Opposition mit einem Teil seiner Anhänger -von der linken, pazifistischen Opposition einmal abgesehen-, ohne dass er versucht hätte, Biddles Strategie einer wirklich "hawkischen" Außenpolitik umzusetzen. Bush ist weit entfernt davon, ein idealer Kandidat zu sein. Dies ist zweiffelos richtig. Er dürfte sich aber schon am Rande dessen befinden, was die Amerikaner bereit sind, zu wählen. Wer einen idealeren Kandidaten im Amt sehen möchte, muss kulturelle Änderungen befördern, sodass Biddles Vorschlag, zur Verbreitung des Objektivismus beizutragen, tatsächlich ins Schwarze trifft, ganz im Gegensatz zu seinen übrigen Argumenten. Übrigens wird sein Argument, dass ein halber Kampf schlimmer sei als gar keiner, nicht einmal von Leonard Peikoff geteilt, der in einer Rede nach Beginn des Irak-Krieges feststellte, dass dieser Krieg immerhin besser sei als überhaupt nichts zu tun. Zu den Unterstützern von Präsident Bush im Jahr 2004 und der Republikaner bei den Zwischenwahlen 2006 gehörten vor allem Harry Binswanger, Betsy Speicher und Robert Tracinski.Der Publizist Robert Tracinski, Herausgeber der objektivistischen Zeitschrift The Intellectual Activist, hat in einem Beiträg für die September-Ausgabe seiner Zeitschrift die Wahl von George W. Bush empfohlen: "Bush ist weit davon entfernt für diejenigen, die eine robuste Verteidigung der Zivilisation wollen, der perfekte Kandidat zu sein. Aber er ist unser Kandidat, so wie er ist, und er verdient unsere Unterstützung." Das entscheidende Thema bei dieser Wahl sei der Krieg gegen den Terrorismus, wobei Kerry für "Rückzug und Passivität" stehe. Bush hingegen stehe für eine grundsätzlich richtige Strategie, die er aber schlecht ausführe.
Betsy Speicher, eine bekannte Objektivistin, wählte damals in dem schon genannten Forum eine etwas zugänglichere Sprache -außerhalb von Peikoffs DIM-Hypothese-, die allerdings ebenfalls Peikoffs Prämissen deutlich in Frage stellt: "Ich denke, wenn es um Politik geht, sind die religiösen Konservativen sehr viel rationaler als ihre Opponenten. Sehen wir uns drei konkrete Beispiele von religiösen Konservativen an: Rush Limbaugh, Seann Hannity und Ann Coulter. Während sie Abtreibung ablehnen und manchmal Pornographie aus religiösen Gründen verbieten möchten, unterstützt keiner von ihnen eine Theokratie oder irgendetwas in der Art. In 90 % der Fälle stützen sie ihre politischen Ansichten auf FAKTEN, mit denen ein Objektivist übereinstimmen würde, und in den meisten Fällen sind ihre Endziele die gleichen wie unsere. Man vergleiche dies mit den Demokraten und ihren Anhängern. Sie sind der Realität so entfremdet, dass ihre Politik sich stützt auf eine gewaltige, hysterische Mythologie ..." Anders als Betsy Speicher, die das Ayn Rand Institute unterstützt, steht Ed Hughins auf Seiten der konkurrierenden Atlas Society, wo er sogar die Funktion eines "Geschäftsführenden Direktors" ausfüllt, aber ähnlich wie sie sieht er keine Beweise für eine drohenden Theokratie in den USA: "Wir sind nicht meilenweit davon entfernt, ein neues Iran zu werden, wir sind Lichtjahre davon entfernt." Hughins vergleicht die politische und kulturelle Situation in den USA heute mit der aus den 50er Jahren, wo viele Dinge selbstverständlich waren, für die heute die Religiösen noch nicht einmal kämpfen würden. Heute kämpft die religiöse Rechte gegen die Homo-Ehe, aber sie kämpft nicht gegen eine Illegalisierung der Homosexualtität an sich. Neben den bekannten Objektivisten bezogen in verschiedenen Diskussionsforen natürlich auch viele unbekannte Objektivisten Stellung. Ein Leser der Harry Binswanger List stellte Peikoffs Argumentation zugunsten von Kerry folgendermaßen in Frage: "Ich stimme der Meinung zu, dass, wenn es tatsächlich bei der Wahl um ein M2 (Befürworter des Totalitarismus) und ein D1 (Befürworter einer gemischten Wirtschaft) ginge, es dann absolut essentiell wäre, für D1 (Kerry) zu stimmen. Ich bin aber nicht überzeugt, dass Bush ein M2 ist. Ich denke vielmehr, dass beide D1 sind. Beide sind Befürworter einer gemischten Wirtschaft, beiden mangelt es an Ideologie, und beide sind moralische Feiglinge. Bush behandelt ein religiöses Dogma nicht als ein Absolutum, nicht als Quelle des Wissens, sondern nur als ein Instrument, um Dinge zu rechtferigen, die er bereits weiß (d.h. Ideen, die er als selbstevident ansieht)."

Dienstag, November 21, 2006

Kein Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität

Der Kriminologe Karl F. Schumann hat in einer Studie (Berufsbildung, Arbeit und Delinquenz) ermittelt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität gibt. Der Wissenschaftler von der Universität Bremen zeigte sich im ARD-Morgenmagazin selbst überrascht über das Ergebnis der Studie. Auch eine Umfrage unter Passanten des Fernsehsenders hatte ergeben, dass diese fast ausnahmslos an einen solchen Zusammenhang glaubten. Offenbar ist in unserer Kultur die marxistische Vorstellung, dass "das Sein das Bewusstsein" bestimmt, weit verbreitet. Wer allerdings davon ausgeht, dass Menschen keine Puppen, sondern denkende Wesen sind, den kann ein solches Ergebnis nicht überraschen. Menschen sind begriffliche Wesen, die von ihren Ideen bewegt werden. Das, was ein Mensch denkt, bestimmt seine Handlungen. In den Jahren von 1960 bis 1980 verdreifachte sich der Kriminalitätsindex in den USA. Dies war die Zeitspanne, in der die Werte der Gegenkultur die Werte des 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts, wo es eine viel geringere Kriminalitätsbelastung gegeben hatte, verdrängten: "Was sich änderte, waren die Ideen und die Werte, die Amerika beherrschten", schreibt der Philosoph Leonard Peikoff in seinem Aufsatz What to do about Crime. Die letzten Jahrzehnte hätten ein "Füllhorn" von Rationalisierungen für Verbrecher geliefert: "All die grundsätzlichen Ideen des krimininellen Geistes, jede einzelne von ihnen, war Bestandteil des offiziellen Kredos der Intellektuellen und ihrer Kultur." Hätte der deutsche Kriminologe Peikoffs Aufsatz gekannt und verstanden, hätte ihn wohl das Ergebnis seiner eigenen Studie nicht so überraschen können. In dem genannten Aufsatz sieht Peikoff schwere Strafen nicht als ausreichend an, wenn man das Verbrechen wirklich an der Wurzel bekämpfen möchte: "Aber Strafe, wie schwer sie auch sein mag, ist keine genügende Antwort auf Verbrechen." Ausdrücklich wendet sich Peikoff gegen die konservative Herangehensweise an das Thema Verbrechen nach dem Motto: "Sperrt sie ein und werft den Schlüssel weg!". Ebenso wie Mitternachts-Basketball keine Lösung des Problems sei, sei es auch nicht so etwas wie lebenslänglicher Knast nach dem dritten Vergehen ("three strikes and your're out"): "Wir müssen eine Philosophie der Vernunft und Realität lehren, und eine Moral des rationalen Eigeninteresses. Nur diese Art von Philosophie wird funktionieren bei der Bekämpfung irgendeines gesellschaftlichen Übels, einschließlich des Verbrechens."

Donnerstag, November 16, 2006

Vernunft und Gefühle

Es ist ein großes Missverständnis anzunehmen, der Objektivismus sei gegen Gefühle. Richtig ist, dass "Vernunft" der zentrale Eckstein in der Philosophie von Ayn Rand ist. Aber dies macht Gefühle nicht per se falsch oder schlecht. Sie sind aber kein Werkzeug der Erkenntnis und produzieren keine Handlungsanleitungen.

In seinem Buch The Prime Movers diskutiert Dr. Edwin Locke Emotionen im Kontext der Tugend der Rationalität:


In welchem Verhältnis stehen die Gefühle zur Vernunft?


Die Vernunft steht nicht im Widerspruch zur Emotion. Gefühle sind die Konsequenz von automatischen, unterbewußten Urteilen oder Bewertungen und deshalb Produkte von Ideen. Wenn jemand ein Gefühl hat, dass im Konflikt steht mit einem bewußten, rationalen Urteil, bedeutet dies, dass er unterbewußte Ideen hat, die im Gegensatz stehen zu seinen bewußten Ideen. (Edwin Locke, The Prime Movers: Traits of the Great Wealth Creators, S. 149)


Heißt die Entscheidung entweder Vernunft oder Emotion?

Treibende Kräfte (Prime Movers) sind weder blinde Emotionalisten noch emotionslose Rationalisten. Sie lieben ihre Arbeit und ihren Erfolg leidenschaftlich, sie lassen sich von der Vernunft leiten bei ihren Entscheidungen und Handlungen. Die Vernunft kommt zuerst, danach die Emotionen. Und wenn Treibende Kräfte in Schwierigkeiten geraten (außer bei einem Mangel an Fähigkeiten), ist der Grund oft, dass sie unbewußt diese Reihenfolge umgekehrt haben (z. B., Henry Ford in seinen späten Jahren). (Ebenda)

Mittwoch, November 15, 2006

Ludwig Erhard: "Markt ist sozial"

Alfred C. Mierzejewski, Professor für Geschichte an der Universität von Nordtexas, zitiert in seinem Buch "Ludwig Erhard. Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft" den ersten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland und Vater des deutschen "Wirtschaftswunders" (Erhard lehnte der Begriff "Wunder" allerdings ab, da "der Erfolg seiner Politik eine vorhersehbare Konsequenz des Funktionierens der Marktwirtschaft gewesen sei", schreibt Detmar Döring im Lexikon der freien Marktwirtschaft) mit den Worten: "Ich meine, dass der Markt an sich sozial ist, nicht, dass er sozial gemacht werden muss." Woran Ludwig Erhard (1897 - 1977) allerdings scheiterte und warum Deutschland den Weg in den Wohlfahrtsstaat - schon während der Amtszeit von Erhard (1949 -1963) - aufnahm, schildert Mierzejewski auch: Ihm gelang es nicht, die "tief sitzenden kollektivistischen deutschen Traditionen zu ändern." Wohl wahr!

Dienstag, November 14, 2006

Warum Märkte nicht versagen

Brian Simpson beschäftigt sich in seinem Buch Why Markets don' Fail (Inhaltsverzeichnis) mit den populären Argumenten von Ökonomen und anderen Intellektuellen gegen freie Märkte. Simpson war auch Referent bei der Objektivistischen Sommerkonferenz 2004 des Ayn Rand Institute. Besonders interessant dürfte das 7. Kapitel "Ökonomische Ungleichheit" sein, denn man kann sich darauf verlassen, dass bei jeder Diskussion mit Sozialisten oder anderen Kollektivisten die angebliche "Ungerechtigkeit" einer ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilung thematisiert werden wird. Simpson schreibt: "Reichtum und Einkommensungleichheit auf einem freien Markt sind Beispiele für das Gesetz der Kausalität." Jeder Versuch der Egalitaristen, Einkommen und Vermögen umzuverteilen, sei zum Scheitern verurteilt, weil dies ein Vesuch sei, "die Realität umzuschreiben."

Dienstag, November 07, 2006

Die grosse Lüge: das Versagen der Geheimdienste im Fall Irak

Im Februar 2004 setzte Prof. Harry Binswanger
vom Ayn Rand Institute in einem Kommentar ein großes Fragezeichen hinter die pausenlos wiederholte Behauptung, es gäbe im Fall Irak ein Versagen der Geheimdienste. Warum seien überhaupt Geheimdienstinformationen notwendig gewesen, fragt Binswanger: "War es ein gut behütetes Geheimnis, dass Saddam ein Diktator war, ein Verrückter, ein Amerika-Hasser, dem der Terrorismus sehr am Herzen liegt? War es unbekannt, dass Saddam in Kuwait eingefallen war? War es unbekannt, dass Saddam versuchte, den Vater von George W. Bush zu ermorden? Bedurfte es einer speziellen Spionage, um die Möglichkeit zu entdecken, dass Saddam mit bin Laden kooperieren könnte, wie es rivalisierende Mafia-Familien tun?"

Binswanger fragt weiter, warum nur der amerikanische Geheimdienst versagt haben soll, wo doch andere Geheimdienste zu den gleichen Schlussfolgerungen gekommen waren. Außerdem gäbe es noch keinen Beweis, dass überhaupt ein Versagen vorliege, denn die Massenvernichtungswaffen könnten beim Kriegsbeginn zerstört oder nach Syrien transportiert worden sein. Die Fehler oder Versäumnisse vor dem Irak-Krieg, wenn es welche gab, waren nichts im Vergleich zu den Fehlern und Versäumnissen während des Kalten Krieges: "Wir wussten praktisch nichts. Oder wenn wir etwas wussten, dann schien es weder unsere Außenpolitik noch die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die einzige Ausnahme, an die ich mich erinnern kann, war die Kuba-Krise, wo U-2-Flugzeuge Beweise lieferten." Auch das Programm zur Entwicklung der amerikanischen Atombombe basierte auf falschen Geheimdienstinformationen. Auch als der Fehler entdeckt wurde, wurde das Projekt mit Hochdruck weiterbetrieben, was Binswanger als eine richtige Entscheidung ansieht.

Den Demokraten hätten allerdings etwas, was sie an Präsident Bush anprangern könnten. Es lautet: "Warum sind Sie gegen den Kleinen Satan, Irak, vorgegangen, während Sie beim Grossen Satan, Iran, ein Auge zugedrückt haben?"

Montag, November 06, 2006

Der "Triumph des Objektivismus" in einer libertären Zeitschrift

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift eigentümlich frei befindet sich ein Interview mit Robert James Bidinotto, Chefredakteur von The New Indivdidualist, der Monatszeitschrift der Atlas Society, einer Organisation, die den Objektivismus als moralische und rationale Alternative auf dem Markplatz der philosophischen Ideen präsentieren möchte. Die Organisation wurde 1989 von dem Philosophen David Kelley gegründet, damals noch unter dem Namen Institute for Objectivist Studies (IOS). Kelley steht heute nach wie vor als "Chairman" und "Senior Fellow" an der Spitze der Organisation.
Im Vergleich zu den hin und wieder äußerst skurrilen Interviewpartnern der eigentümlich frei -man denke an den NPD-Vorsitzenden-, wirkt dieses Interview wirklich spannend und inspirierend und man kann diesem Magazin nur wünschen, sich daran in der Zukunft ein Beispiel zu nehmen. Wirklich überrascht in den Interview war ich von einer Zahl, die Bidinotto nennt: sein Magazin und das der Atlas Society soll eine Druckauflage von lediglich 3 000 Exemplaren haben. Wenn man bedenkt, dass alle Mitglieder der Atlas Society das Magazin automatisch bekommen, ist dies wirklich äußerst dürftig. Dass das Magazin in Zukunft auch an Zeitungsständen zu haben sein wird und vor allem Nicht-Objektivisten ansprechen soll, ist sicherlich eine nachvollziehbare Strategie, um das Magazin populärer zu machen. Nicht nachvollziehbar ist allerdings Bidinottos Strategie, dieses Magazin "innerhalb eines objektivistischen Bezugsrahmens" mit nicht-objektivistische Autoren zu gestalten, die alle sicherlich ihre Meriten haben -zu nenen wären hier etwa Bruce Thornton und Victor Davis Hanson-, aber nicht in der Lage sind, Nicht-Objektivisten den Objektivismus zu erklären. Die Atlas Society hat allerdings nicht nur für ihre Zeitschrift einen neuen Ansatz gewählt, sondern sich gerade kürzlich diesen neuen Namen zugelegt, der 3. Namenswechsel seit der Gründung, was durchaus eine Nachfrage hätte auslösen können, denn nicht zufällig wurde der Bezug zum Objektivismus aus dem Namen entfernt. In einer Presseerklärung aus dem Juni 2006 wird zur Begründung angegeben, dass der Name Atlas Society weniger "einschüchternd" wirke bei denjenigen, die mit der Philosophie nicht vertraut wären. Die Fragesteller der eifrei schmeicheln Bidinotto, oder wissen es nicht besser, wenn sie von "zwei großen objektivistischen Organisationen" in den USA sprechen. Im Vergleich zum Ayn Rand Institute ist das Atlas Institute nicht mehr als ein David im Vergleich zu Goliath. Die Internetpräsenz der Atlas Society ist äußerst mangelhaft, schließlich schaffte man es während des gesamten Libanon-Krieges nicht, irgendeine Stellungnahme auf der Site zu platzieren - ganz im Gegensatz zum ARI. Auch hat die Atlas Society, vormals die The Objectivist Center (TOC), auch einen gewissen personellen Aderlass in letzter Zeit zu verkraften - zu nennen wäre dort vor allem die Philosophin Diana Mertz Hsieh, die das TOC lange unterstützt hat und heute glühende Anhängerin des ARI ist. Auch ist zu bemerken, dass etwa der Herausgeber der Zeitschrift The Free Radical, Lindsay Perigo, eine deutliche Distanz zur Atlas Society zeigt und sich immer mehr dem ARI annähert. Mittlerweile ist bei Perigo sogar eine offenen Verachtung für die Atlas Society zu beoabachten: "Diese Schlappschwänze sind die Verachtenswertesten von allen. Ihr Name ist The Atlas Society." Perigo könnte bei diesem Verdammungsurteil nicht nur die Namensänderung im Kopf gehabt haben, sondern auch an Rede von David Kelley aus dem Jahr 2005 gedacht haben, die er beim "March Against Terror" auf Einladung der Free Muslim Coalition hielt, und die für einen selbsternannten Objektivisten wirklich erstaunlich ist. Dort gibt es sich zwar als Objektivisten zu erkennen, appelliert aber an alle, die sich dort versammelt haben, um gegen das Übel des Terrorismus zu demonstrieren, im Namen von "Werten, die Unterschiede in Religion und Weltanschauung transzendieren." Diese Rede exemplifiziert Kelleys These von einem offenen, intellektuell toleranten" Objektivismus in besonders hervorstechender Weise. Robert Bidinotto erklärt den eifrei-Lesern natürlich auch den Unterschied zwischen beiden Organisationen und prompt kommt auch der Vorwurf des Dogmatismus gegenüber dem ARI, obwohl er kurioserweise behauptet, dass AS und ARI hinsichtlich der Grundprinzipien und der Beschreibung der Bedeutung des Objektivismus "gar nicht so weit auseinander" sind. Der fundamentale Unterschied zwischen beiden Organisationen schimmert allerdings in seinen Antworten nur durch: Die Atlas Society sieht den Objektivismus als "offenes System", während das Ayn Rand Institute davon ausgeht, dass der Objektivismus ein "geschlossenes System" ist. "Geschlossen" bedeutet einfach, dass die Philosophie in ihrer Grundstruktur ein für allemal festgelegt ist: durch Ayn Rand. Die Atlas Society möchte den Objektivismus modifizieren, aber gleichzeitig weiterhin unter der Flagge des Objektivismus segeln. Obwohl auf ihrer Website sehr deutlich gesagt wird, dass der Objektivismus durch Ayn Rand "definiert" wurde. Dies ist genau der Punkt: durch Ayn Rand, nicht durch David Kelley.