Samstag, Mai 28, 2005

Die Passion der Ayn Rand

Im Diskussionsforum von solohq.com schreibt Robert Bidinotto, dass Barbara Brandens Biographie "The Passion of Ayn Rand" "ausgesprochen freundlich" formuliert sei. Wie "freundlich" Barbara Branden allerdings wirklich in ihrer Biographie gegenüber Ayn Rand ist, läßt sich erahnen, wenn man sich folgende Worte aus der Einleitung ihres Buches über Ayn Rand vergegenwärtigt: "Ihre Tugenden waren größer als das Leben, ebenso wie ihre Fehler." Rands Fehler in einer Bewertung gleichwertig neben ihre Leistungen zu stellen, ist nicht nur unfreundlich, sondern vor allem absolut falsch. Eine solche Formulierung ließe sich rechtfertigen im Hinblick auf einen Schriftsteller wie Ernest Hemingway - einem notorischen Lügner und Alkoholiker, der schließlich seinem Leben mit einem Schrottgewehr ein Ende setzte. Dies aber einer Frau wie Ayn Rand nachzuwerfen, die ein großartiges Leben führte und keineswegs die Prinzipien ihrer eigenen Philosophie verraten hat, ist ausgesprochen bösartig. Ayn Rand war die Verkörperung des amerikanischen Traums. Im Alter von 21 Jahren verließ sie das Land ihrer Geburt, um in das Land auszuwandern, das sie verehrte, aber dessen Sprache sie kaum beherrschte und wo sie nur wenig Hilfe von der dort lebenden Verwandtschaft ihre Familie zu erwarten hatte. Sie war bereit, zu arbeiten und zu kämpfen, und dies tat auch sie auch während der gesamten Zeitspanne ihres Lebens. Die Rechten attackierten sie für ihren Atheismus, die Linken für ihre Verteidigung des Kapitalismus, und alle zusammen lehnten ihren Egoismus ab. Trotz all dieser Ablehnung hielt Ayn Rand an ihren Überzeugen fest, verwarf Kompromisse und versuchte nicht, ihren Kritikern zu gefallen. Wer etwas mehr über das Leben der Ayn Rand erfahren möchte -jenseits der Übertreibungen und Unwahrheiten von Nathaniel und Barbara Branden - ist gut bedient mit dem Buch Ayn Rand von Jeff Britting. Dieses Buch ist eine reich bebilderte Kurzbiographie, und der Hinweis auf die Fotos ist durchaus angebracht, denn auch ohne sich in den Text zu vertiefen, lädt das Werk zum Schmökern ein, etwa wenn man sich Rands Lieblingsbild ansehen kann: Salvador Dalis Corpus Hypercubus. Der Begriff "Kurzbiographie" soll Erwartungen dämpfen, die das Werk nicht erfüllen kann und auch nicht erfüllen will. Britting erwähnt zum Beispiel auch die Affäre, die Rand mit Nathaniel Branden hatte - er schreibt, dass sie eine Zeitspanne von mehreren Jahren in den Fünfzigern umfaßte und "wahrscheinlich" zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Atlas Shrugged im Jahr 1957 endete -, und die endgültige - nicht nur romantische - Trennung von Branden im Jahr 1968, aber dies sind nur einige Sätze, wo Einzelheiten keine Rolle spielen. Auch könnte sich der Leser wünschen, mehr zu erfahren über Rands Haltung zum 2. Weltkrieg, was allerdings fast überhaupt nicht thematisiert wurde. Lediglich eine Bildunterschrift weist darauf hin, dass Rand die Internierung von amerikanischen Staatsbürgern während des 2. Weltkrieges als Ungerechtigkeit ansah, die sich aus der kollektivistischen New-Deal-Politik ergab. Wer die Kinderzeit der 1905 in Petrograd geborenen Ayn Rand - damals natürlich noch Alisa Rosenbaum - vor seinem geistigen Auge Revue passieren läßt, dem kommt das Wort "Wunderkind" in den Sinn, obwohl Jeff Britting diesen Ausdruck nicht verwendet. In der gebildeten Familie der Mittelklasse fand die junge Ayn ein intellektuelles Klima vor, dass ihrer weiteren Entwicklung durchaus förderlich sein sollte. Ihre Eltern legten großen Wert auf eine gute Ausbildung und verteidigten die individualistische Attitüde, dass jeder Mensch seines eignen Glückes Schmied sei. Ayn brachte sich mit sechs Jahren selbst das Lesen bei und betrachtete als "Leitmotiv" ihres Lebens die Konzentration aus das "Ungewöhnliche". Die Mutter Anna Borisovna Rosenbaum hielt das hochbegabte Kind für "anti-sozial", wie sie es nannte, weil sie keine Freundinnen hatte und sich wenig für andere Kinder interessierte.