Sonntag, August 06, 2006

Die objektivistische Ethik beginnt mit Fakten, nicht mit Gefühlen

Die objektivistische Ethik ist zweifellos eine diesseitige Ethik, eine Ethik, die das Glück des Menschen in dieser Welt -der einzigen, die es gibt-, als erstrebenswert ansieht und Menschen nicht auf das Jenseits vertröstet, wo nach dem Tod ein gottgefälliges Leben mit einem Füllhorn an Belohnungen vergolten wird oder für den Sünder entsprechende Qualen bereit stehen. Die objektivistische Ethik ist allerdings keine hedonistische Ethik, die nur eine scheinbare Alternative für Menschen aufwirft, die sich ihr Leben anders gestalten wollen als es religiöse Dogmen vorschreiben. So wie der Objektivismus eine altruistische Ethik verwirft, die den Menschen auffordert, seine Wünsche zugunsten der Wünsche von anderen aufzuopfern, so verwirft der Objektivismus auch die hedonistische Ethik, die ihn auffordert, seinen Wünschen nachzugeben. Der ethische Hedonismus sieht die Freude als den Maßstab für ein moralisches Handeln an, das Kriterium, das bestimmen soll, was gut oder böse, tugendhaft oder bösartig ist. In einer gegebenen Situation ist somit das Verhalten richtig, das in der Lage ist, das größte Maß an Freude und/oder das geringste Maß an Schmerz zu erzeugen. Die unterschiedlichen hedonistischen Schulen vertreten unterschiedliche Auffassungen darüber, ob man eine kurzfristige Freude oder eine langfristige Freude anstreben soll, ob man seiner eigenen egoistischen Freude frönen soll oder die größte Freude für die größte Anzahl von Menschen anstreben soll, aber sie alle stimmen darin überein, dass die Freude der ethischen Standard sein soll. (Peikoff, Why does Objectivism reject ethical Hedonism, in: The Objectivist Newsletter, Februar 1962, S. 7) Ándere Schulen der Ethik fordern, einen Kompromiss zwischen einer altruistischen und einer hedonistischen Ethik zu suchen, zwischen den eigenen Wünschen und den Erwartungen anderer, aber all diese ethischen Konzepte teilen die Auffassung -implizit oder explizit-, dass Wünsche Gefühle das Gegebene sind, die "irreducible primaries", aufgrund dessen dann Ratschläge erteilt werden können, wie der Mensch mit diesen Wünschen umzugehen hat. (Branden, An exerpt, in: The Objectivist Newsletter, Januar 1962, S. 3) Die objektivistische Moralität sieht das Gefühl der Freude, wie jede andere Gefühlsregung auch, nur als eine Konsequenz, als einen Effekt an, der ausgelöst wird durch vorher stattgefundene Werturteile. Die Menschen aufzufordern, das zu tun, was ihnen Freude macht, würde demnach daraus bestehen, ihre bereits bestehenden Werturteile ohne nähere Überprüfung zu akzeptieren. Der Hedonismus wird somit zu einer inhaltslosen Ethik, die nicht definieren kann, was Werte und Tugenden sind und sich damit begnügt, die willkürlichen Werte, die ein Mensch erworben hat, zu sanktionieren. Die den Gefühlen der Freude zugrunde liegenden Werturteile müssen nicht einer systematischen Überprüfung werden, die zu einer Klärung kommt, ob diese Werturteile rational oder irrational sind. In der Praxis kann den Erfordernissen des Hedonismus nur entsprochen werden, wenn den bereits geformten Gefühlen Folge geleistet wird, wenn sie als das Gegebene angesehen werden. Der Objektivismus sieht solch eine Strategie als selbstmörderisch an: "Wenn der Mensch überleben will, dann braucht er die Anleitung einer objektiven und rationalen Moral, einen Wertekodex, der sich gründet und abgeleitet ist von der Natur des Menschen als eines spezifischen Typus eines lebenden Organismus, und der Natur des Universums, in dem er lebt." (Peikoff, Why does ..., in: TON, S. 7) Die objektivistische Ethik beginnt mit Fakten, nicht mit Gefühlen.