Montag, September 13, 2004

Manfred F. Schieder: Ayn Rand und die Gleichschaltung des Bürgers

"Das Bestreben des Kindes, das beabsichtigte Ziel zu erreichen, führt es zum korrekten Handeln. Es ist nicht der Lehrer, welcher es auf seine Fehler aufmerksam macht, noch lehrt er es, die Fehler zu korrigieren, sondern das komplexe Wirken seiner eigenen Intelligenz führt das Kind zum gewollten Ziel."
Maria Montessori

Es ist der erste Schultag.
Für die Kleineren im Kindergarten, für die Größeren das erste Schuljahr in der "Volksschule". Schon gehen sie ins Klassenzimmer, legen ihre Arbeitselemente bereit und harren, nicht ohne heimlicher Angst, dessen was nun der Lehrbeauftragte lehren wird.Sie wissen es noch nicht, und die meisten werden es nie erfahren, aber sie befinden sich in einer Hirnwaschanlage, einen schmerzlosen Martersaal welcher von den Schulbehörden und deren Abteilungen geleitet wird, und in dem ihre Hirne zu dem werden, was die Regierungsmächtigen verfügen.
Der amtliche Prozess der Unterdrückung des Einzelnen hat begonnen, die langsame, aber gezielte Gleichschaltung des Bürgers setzt nun ein.
Es ist der Tag der Vollkommenen Kontrolle.
Ayn Rand (1905-1982), die größte aller Philosophen, welche in ihrem Leben die gesamte Philosophie als solche gründete und abschloss, hat tiefsinnige Worte über das allgemeine Erziehungssytem geschrieben, indem sie jenes mit der schrecklichen Beschäftigung der vergangenen Jahrhunderte verglich, welche Viktor Hugo in seinen Roman Der Mann der Lacht als Die Comprachicos ("Die Kindeskäufer") beschrieb.

Die Comprachicos - das Wort kommt aus dem Spanischen - handelten mit Kinder; sie kauften sie, ließen sie in Ton- und Eisengefäße mit bizarren Formen aufwachsen und verformten sie so in Tausende von schaurigen Formen, bis sie zu gestaltlosen Hofnarren wurden. Dann verkauften sie sie an Kaiser, Könige und Prinzen für dessen Belustigung. In China nahm man, zum Beispiel, ein 2 bis 3 Jahre altes Kind, steckte es in eine keramische Vase und lies es in diesem schrecklichen Korsett aufwachsen, bis es die Gestalt eines Korkenziehers oder eines verformten Zwerges annahm. Damit zerdrückte man das Fleisch und zwang die Knochen unnatürliche Formen anzunehmen. Irgendwann, wenn der Schaden nicht mehr rückgängig zu machen war, wurde die Vase zerschlagen und man bekam einen Menschen mit der Form der Vase. Der Schaden, ich möchte den Leser darauf hinweisen, hatte keinen genetischen Einfluss.
Die Anwendung des Prinzips besteht weiter. Sie ist nur weniger bemerkbar, weniger durchschaubarer geworden. Sie ist nun extrem ausgeklügelt. Die Kollektivisten haben nämlich entdeckt, dass es viel ungefährlicher und gewinnbringender für sie ist, wenn sie die Hirne verkümmern lassen, wenn sie den Inhalt der Hirne verformen. Ihren boshaften Vorhaben entsprechend, erzeugen sie das, was ihrem Ziel einer Gleichmachung der menschlichen Gesellschaft gleichkommt: Roboter, hirnlose Wesen welche dazu vorprogrammiert sind, dem jeweiligen Stalitler zu gehorchen, damit er sie ausbeuten und in den Tod senden kann, all dies Maßnahmen, für welche er sogar noch umjubelt wird. Man beachte nur die Geschichte der Menschheit. Nachdem die begeisterten Deutschen ihre Zustimmung zum totalen Krieg gegeben hatten, meinte Goebbels: "Hätte ich gesagt, sie sollen aus dem dritten Stock des Columbus-Hauses (damals das höchste Hochhaus Deutschlands) springen, sie hätten es auch getan".

Die Erziehung in den Händen des Staates ist, alleine schon weil sie staatlich geführt wird, eine unmoralische Tätigkeit. Diese auch noch mit der Begründung zu verteidigen, dass man damit eine Angleichung der Erziehungsmöglichkeiten für die gesamte Bevölkerung erreicht, beweist ein völliges Unverständnis dessen, was damit überhaupt erzielt wird.
Hier handelt es sich nicht um eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Sogar der Geringstgeschulte weiß, dass eine private Erziehung - alle Ausgaben eingerechnet - viel billiger ist als jede staatliche Schule es jemals sein kann. Wie wichtig aber auch immer die wirtschaftliche Überlegung ist, sie kann nie jenes ausgleichen, was eine Erziehung in den Händen des Staates philosophisch und psychologisch bedeutet.
Die grundsätzliche Idee der staatlich gelenkten Erziehung ist es, aus dem Bürger einen vorprogrammierten Zombie zu erzeugen und damit die geringste Möglichkeit der Entwicklung und Entfaltung anderer Ideen zu verhindern, Ideen die aus eigenen Beobachtungen der Tatsachen hervorgehen und sich somit jenseits jedes perniziösen staatlichen Einflusses befinden.
Ludwig von Mises (1881-1973), dieser Gigant unter Nationalökonomen, schrieb in seinem Buch Human Action: "Die Volksschule führt leicht zur politischen Indoktrination. Die sich an der Macht befindende Partei hat stets das Volksschulwesen unter Kontrolle, um durch dieses ihre eigene Gedankenwelt fortzupflanzen und ihre Widersacher zu beschimpfen".
Sogar Bertrand Russel, den man schwerlich als Verteidiger des politischen Liberalismus bezeichnen kann, erkannte die im öffentlichen Erziehungswesen enthaltene Bosheit, als er sagte: "Die öffentliche Erziehung erzeugt eine Herde von fanatischen Ignoranten welche jederzeit für einen Krieg oder einer Hexenjagd bereit ist, sobald man sie befohlen wird. So riesig ist dieses Übel, dass die Welt viel besser sein würde wenn man mit der öffentlichen Erziehung nie begonnen hätte."

In ihrer Abhandlung Die Doktrin der Erziehungschancengleichheit weist Ayn Rand auf eine besonders unmoralische Sachlage: "Der Staat hat nicht das geringste Recht, sich als Schiedsrichter der Ideen aufzuspielen, und so haben auch die Schulen - sowohl völlig oder teilweise staatlich - kein Recht, einen einzigen Standpunkt zu lehren und alle anderen dabei auszulassen. Der Staat hat kein Recht, sich in den Dienst der Ideen irgendeiner spezifischen Gruppe von Bürgern zu stellen und dabei alle anderen zu ignorieren und zu verschweigen. Er hat kein Recht, dem Bürger irgendwelche Ungleichheit aufzuzwingen, wo es doch dieser ist, der die Last der Erhaltung des Schulwesen trägt. Genauso falsch wie es mit der staatlichen Unterstützung für die Wissenschaft geschieht, ist es auch, ein Individuum zu zwingen, für den Unterricht von Ideen zu zahlen die den seinen entgegengesetzt sind; es ist eine tiefgehende Schändung seiner Rechte. Diese Schändung wird ungeheuerlich, wenn es gerade SEINE Ideen sind, welche aus der öffentlichen Erziehung ausgeschlossen werden, denn es bedeutet, dass er gezwungen wird, für jenes zu zahlen, was er für falsch und boshaft hält, während das, was er für richtig und gut hält, ausgeschlossen wird."
Die Vermassung der Menschen ist das erklärte Ziel aller Kollektivisten. Es zwingt die Menschheit zur sicheren Zerstörung, wie es wiederum die Weltgeschichte beweist. Denn der Mensch teilt mit den anderen Arten nicht jenes Wesensmerkmal, welches es diesen überhaupt erst erlaubt zu überleben: sich der Umwelt anzupassen. Im Gegenteil bestimmt seine Natur als Mensch gerade das Entgegengesetzte als Überlebensmethode: der Mensch muss die Umwelt seinen eigenen Bedürfnisse anpassen. Dieses Ziel setzt sich dem Gehen lassen und jeder Anpassung an die Umwelt entgegen. Es verlangt eine vielfältige Tätigkeit, welche nur der Mensch verwirklichen kann: die Realität sowie die ihr eigenen Gesetze zu verstehen und die Einbildungskraft zu benutzen, um die Materialien der Realität - die physisch-chemischen Elemente - seinen Bedürfnissen anzupassen. Dabei ist das Vorstellungsvermögen jene Eigenschaft, welche es erlaubt, die Elemente der Natur so zu ändern und zusammenzusetzen, dass diese ansonst wertlosen Bestandteile menschliche Werte bekommen. Die Phantasie kann in einen elementlosen Raum nicht funktionieren: sie gebraucht die Elemente der Natur, um sie mit den erreichten Kenntnissen umzuformen und zu gestalten, damit sie die Überlebenschancen des Menschen nicht nur erhöhen und verbessern, sondern ihm auch noch Komfort, das ist ein leichteres und angenehmeres Leben, bieten kann.

Die kollektivistische Zwangserziehung ist für den heutzutage ständig neurotischen Zustand der Welt verantwortlich. Da die Desindividualisierung niemals den Menschen als dessen, was er ist, also Individuum, zerstören kann, muss sie sich mit halber Tat begnügen indem sie ihm mit politischem Terror einschüchtert. Mittels antiindividualistischen Gesetzen und Anordnungen hämmert man ihm das ein, was er nicht ist: eine formlose Masse. Das Ergebnis ist die soziale Zersetzung. Dies kann auch als Vertierung des Menschen bezeichnet werden. Sie spiegelt sich in einer Vielfalt von verformten Verhaltensweisen wieder: im entfesselten Hass gegen die Mitmenschen, im Bombenterror terroristischer Attentäter, in den Verbotsgesetzen des bestehenden positiven römischen Rechts sowie im menschenfeindlichen "Umweltschutz" usw. All dies sind aber keine Überzeugungsinstrumente. Wer den Verstand als Überzeugungswerkzeug nicht benutzt, beweist damit dass er nur mittels Gewalt - das Zaunpfahlargument - "überzeugen" kann. Die Argumente der Tiere sind Krallen und Reißzähne, die des verformten Menschen Bombenterror und entindividualisierende Maßnahmen aller Art. Der Vertierungsprozess hat schon vor langem begonnen, und wir befinden uns auf dem besten Weg zurück ins Wildendasein, wo der mit dem größten Zaunpfahl und der brutalsten Gewalt sich als "Führer" oder, wie ich es generisch nenne, als Stalitler aufbauen kann.

Dieser Prozess spiegelt sich auch in den heutigen Äußerungen der "Kunst" wieder, in welcher schmutzig-zottige "Künstler" die Erwachsenenversion der Farbflecken erzeugen, welche man den Kindern in den "fortgeschrittenen" Kindergärten als "freie Gestaltungsaktivität" gelehrt hat. Sie spiegelt sich in der ausgelaugten, zynischen Lebensart der Punks, Skinheads, Hippies und Hari Krischnas wieder, welche wie hirnlose Herden in die Vorsteinzeit zurückkehren. Sie spiegelt sich in der Drogenaufputscherei jener wieder, welche diese als einzigen Ausweg aus einer Welt benutzen, die sie nicht verstehen weil sie zur Sinnlosigkeit gestaltet worden ist, also nicht menschlich ist sondern den vertierenden Vorstellungen der Kollektivisten entspricht. Und da die Kollektivisten es geschafft haben, praktisch alle von der Richtigkeit ihrer Ideen zu überzeugen, wird die Verwirrung noch größer.
Dieser Gleichschaltungprozess, welcher den oben erwähnten Ergebnissen zugrunde liegt, beginnt schon in den ersten Lebensjahren des Menschen. Es handelt sich dabei um die entscheidende Periode für die weitere Entwicklung, ein Lebensabschnitt, der für das sich formende Hirn von derartiger Bedeutung ist, dass es den Jesuiten ermöglicht zu behaupten, dass sie ein Kind nur während seiner ersten sieben Jahre brauchen, um es so vorzubereiten, dass es sich dann in jede gewünschte Form verzerren lässt. Das heißt also, dass sie es - als Comprachicos - bis dann derart verformt haben, dass sich daraus ein gehorsamer Roboter entwickelt hat.

Es ist gerade in diesen ersten Jahren, dass man dem Kinde die Verbindung zur Realität verbietet. Man lehrt es, sich dem zu unterwerfen, was die "Gesellschaft" als gut heißt. Man zwingt es, sich dem anzupassen, was die führende Interessensgruppe entscheidet. Man entfernt es der Realität. Diese wird als etwas Wechselhaftes, Unsicheres dargestellt, als etwas, dem man nicht trauen darf. Damit erzeugt man einen Zustand permanenter Verunsicherung in einem Hirn welches noch ein unbeschriebenes Blatt ist und verzweifelt Information benötigt. Man erreicht somit das Gewünschte: ein verunsichertes Hirn, welches leicht das annimmt, was man ihm beibringen will, erst von Seiten der schon vorprogrammierten Eltern, dann von den vorprogrammierten Lehrern und schließlich vom vorprogrammierten Staatsapparat. Die Religionen - es ist beinahe unnütz, dies zu erwähnen - betätigen sich ständig an diesem Vorgang, aber dies ist nicht überraschend, da ihre Lebensvorstellungen mit denen der Kollektivisten - welche ja in den Religionen ihrer Ursprung haben - gleich sind. Entlang des Prozesses entwickelt sich die totale Unterwürfigkeit oder aber ein Umfeld von Rebellion gegen die Mitmenschen, der verzweifelte Kampf eines erblindeten Hirns, welches versucht, aus seinem von anderen aufgezwungenen Käfig zu entkommen.

Das traurige Schauspiel von Wissenschaftlern, welche sich einerseits an die "begrenzte" Realität der Fakten klammern, aber gleichzeitig von leeren Bezeichnungen, welche die "Existenz" nichtexistierender "höheren" Wesen und "nach-dem-Tode-wahres-Leben" plappern - denn das, was sie sagen, ist keine Sprache, sondern tierisches Plappern - ist ein grauenhaftes Beispiel des oben Erwähnten.
Will aber der Mensch als solcher überleben, gebraucht er eine zusehends größere Individualisierung. Jedermann muss als EIGENES ZIEL überleben und fortschreiten, und es gibt nur eine soziale Struktur - der Kapitalismus -, welche die exakten Bedingungen für dieses Ziel beinhaltet. Hier genügt es zu erwähnen, dass der Mensch Information und nicht Gleichmachung braucht.
Es gibt ein einziges individualisierendes Erziehungssystem. Dieses wurde von Dr. Maria Montessori (1870-1952) in ihrem gebürtigen Italien entwickelt. Das System wurde spezifisch für die ersten Lebensjahre des Kindes entwickelt und ist derart unverhehlt zielstrebig in seiner Absicht, Individuen hervorzubringen, dass es schon längst von den Kollektivisten als Erzfeind erkannt wurde. Als der Faschismus in Italien die Macht ergriff, wurden sofort alle Montessori-Schulen geschlossen, und während den Nazijahren in Deutschland und Österreich wurde Maria Montessori in Abbild zusammen mit ihren Büchern verbrannt. Wo immer nur möglich, wird sie totgeschwiegen. Und doch schreitet ihr System voran.
Das Montessori-System basiert darauf, das Kind mit der Realität zu vereinen. Es verlangt, dass es seine eigenen Schlussfolgerungen zieht, dessen eventuelle Fehler erkennt und korrigiert. Es lehrt dem Kinde, Konzepte wie Höhe, Dicke, Form, Textur, Farbe, Klang usw. zu verstehen und sich davon selbst zu überzeugen, dass die Realität nicht willkürlich wechselhaft ist, sondern dass alles seinen zweckmäßigen Sinn hat, dass das Existente verständlich und durchschaubar ist, dass die Sachen nicht unerklärlicherweise verschwinden und dass es, das Kind, die Fähigkeit besitzt, damit umzugehen. Dies entfernt den Faktor "Angst" aus dem sich formenden Hirn und bereitet dabei eine Grundlage von Sicherheit, auf welcher man vertrauensvoll weitere Kenntnisse aufbauen kann. Das Ergebnis ist ein gewissenhaftes Gefühl von Selbstsicherheit und Selbstsein. Es sind die Materialien selbst, welche dem Kind den objektiv richtigen Ordnungsprozess beibringen, so dass es keine "höhere Autorität" als irgendwelche Bestätigung braucht. Dies ist die Grundlage für Menschen, welche mit ihren eigenen Fähigkeiten überleben und fortschreiten können.

Die Philosophin Ayn Rand erklärte diesen Vorgang folgendermaßen: "Da es das gesetzte Ziel von Montessoris Arbeitsmaterialien ist, dem Kinde bei der Entwicklung seines Bewusstseins zu unterstützen, das heißt also die Natur der Realität zu verstehen und mit ihr umgehen zu können, erbringt die Strenge der zu lösenden Probleme die wichtigste Lehre, welche der Mensch je lernen kann: das Gesetz der Identität, also dass A gleich A ist." Hiermit gewinnt das junge Hirn die Gewissheit, dass die Realität ein Absolutes ist, welches nicht willkürlich geändert werden kann, und dass nur die einzig mögliche korrekte Antwort es erlaubt, mit dieser Realität umzugehen. Das Kind lernt, dass jedes Problem eine Lösung hat und dass es selbst die Fähigkeit besitzt, diese Lösung zu finden, wobei es aber die Antwort in der Natur der Sachen, mit denen es umgeht, finden muss, und NICHT in seinen Gefühlen. Dies bereitet das Kind ab seinen ersten Schritten der Erkenntnis für jenen Augenblick vor, wenn es, als erwachsene Person, das Prinzip versteht, dass man "der Natur gehorchen muss, um sie zu beherrschen", jener Augenblick also, in dem sich dieser Vorgang in seinem Hirn völlig automatisiert hat. Jeder Versuch, den Menschen mit Unsicherheit, Willkür und Angst zu erziehen, erzeugt die heute existierende Gesellschaft von Neurotikern, welche sich gegen die "Tyrannei der Realität" aufbäumen.
Es sind vor allem die Eltern - speziell jene welche nicht dem offiziellen Prozess der Gleichschaltung zu entgehen vermochten - welche diese ihre Kinder angehende Frage bedenken sollten. Die vom Kollektivismus in allen Formen erzeugte Welt kann vielleicht das "Ideal" für feige und verdorbene Intellektuelle und Politiker sein, aber es wird nie als solches Menschen dienen, welche - wenngleich auch im vermassenden Prozess erzogen - noch immer die Fähigkeit besitzen - wie verschwommen diese auch sein mag - eine bessere Welt für ihre Nachkommen zu wünschen. Diese bessere Welt kann man nicht erreichen, indem man sich an das hält, was ich die "Tretmühle der Einschläferung" nenne, jener sich endlos wiederholende Sirenenruf, dass das Gegebene nicht zu verbessern ist. Nur der Entschluss einer Überdenkung, der Entschluss sich nicht an jenes zu halten, was uns die hypnotisierenden "Comprachicos" aufoktroyieren wollen, wird eine menschengerechte und würdige Gesellschaft erzeugen.
Der Mensch ist keine formlose Masse, sondern Individuum. Die wiederholte physische Verformung hat keinen genetischen Einfluss (die Beschneidung ist hierfür ein sehr ernstzunehmendes Beispiel). Nicht weniger bezieht sich dies auch auf die von den Kollektivisten angewandten Verformungsmethoden der Hirne. Der Tausende von Jahren andauernde Zwang, sich als formlose Masse zu benehmen, hat noch nie und wird auch niemals eine solche Geburt hervorbringen. Die Menschen werden als Individuen geboren.
Es ist ihre Lebenspflicht, sich als solche zu behaupten.
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Copyright (c) 2004, Manfred F. Schieder. Dieser Artikel erschien ursprünglich in spanischer Sprache in der Ausgabe vom 25. Januar 1987 der Zeitung "La Prensa" in Buenos Aires, Argentinien.
Die Urheberrechte dieses Artikels liegen bei Manfred F. Schieder, dem Autor, welcher auch das Recht zu eventuellen Änderungen, Aktualisierungen und Zusätze behält. Er ist Privatbesitz, darf aber vom Leser elektronisch, als Hardcopy oder in irgendwelcher anderen Art zur größtmöglichen Verbreitung weitergeleitet werden, solange der Name des Autors erwähnt und der Inhalt in keiner Weise abgeändert oder verfälscht wird.

Dienstag, September 07, 2004

CliffsNotes® zu Ayn Rands Werken kostenlos in Internet verfügbar

(R. H.) CliffsNotes sind englischsprachige Handbücher zu verschiedenen literarischen Werken, in denen die Werke zusammengefasst, analysiert und interpretiert werden. Außerdem gibt es in jedem Buch verschiedene Hintergrundnformationen. Viele der als Unterrichtshilfe und Ergänzungsliteratur gedachten CliffsNotes kann man seit dem Beginn des amerikanischen Schuljahres kostenlos im Internet auf cliffsnotes.com lesen; darunter sind die CliffsNotes zu Ayn Rands Werken „Anthem“ und „Atlas Shrugged“, verfasst von Andrew Bernstein, einem Redner des Ayn Rand Institute, welcher regelmäßig Vorträge über Ayn Rands Romane hält. Wer also Fragen zum Inhalt der beiden Bücher hat, kann jetzt Inhaltszusammenfassungen, Interpretationen der einzelnen Kapitel, kurze Charakterisierungen aller wichtigen Charaktere sowie ausführliche Charakteranalysen der Protagonisten und vieles mehr online lesen (siehe Links). Über die werkimmanente Analyse hinaus gibt es noch Informationen über den Autor, interessante weiterführende Texte (z.B. „The Role of the Common Man in Atlas Shrugged: The Eddie Willers Story“), sowie ein (sehr einfaches) Rätsel – herumstöbern lohnt sich also!

CliffsNotes - Rand's Anthem
CliffsNotes - Rand's Atlas Shrugged
CliffsNotes - Aristotle's Ethics
CliffsNotes - The Fountainhead

Donnerstag, September 02, 2004

Interview mit John Cox und Allen Forkum

Dean Esmay führte für das capitalismmagazine.com ein Interview mit den beiden politischen Karikaturisten John Cox und Allen Forkum. Forkum ist für die Texte verantwortlich, während die Zeichnungen von John Cox stammen. Das Interview wird ergänzt durch einige der Karikaturen der beiden. Forkum gibt sich in dem Interview als Objektivisten zu erkennen, der seine Inspiration aus Ayn Rands Philosophie bezieht: "Ich sage 'inspiriert vom...', weil ich deutlich machen möchte, dass wir nicht versuchen, für den Objektivismus zu sprechen. Lesen Sie dafür die brillianten Bücher von Ayn Rand. Sie unterstützte, unter anderem, Vernunft, Individualismus, Säkularismus, individuelle Rechte und freie Märkte. Die Cartoons sind immer aus dieser Perspektive gezeichnet. Ich bin also buchstäblich inspiriert vom Objektivismus, inspiriert, gegen den heutigen Irrationalismus zu sprechen, ob er von den Linken kommt, den Konservativen oder den Liberalen." Forkum bestätigte, dass der Objektivismus "rigid" ist im moralischen Sinn: "Der Objektivismus ist Stahl verglichen mit dem heutigen gummiartigen moralischen Relativismus."Cox und Forkum gehörten auch zu den Unterstützern des Krieges gegen den Irak, anders als andere Objektivisten oder Liberale: "Objektivisten sind keine Liberalen ("libertarians"), nicht wenn sie Ayn Rands Ideen konsequent folgen. Sie verwarf den 'libertarianism' explizit als Anarchismus, und heute ist es noch klarer, warum sie es tat. Bekannte liberale Organisationen lehnten den Krieg gegen den Irak als lästige Staatsintervention ab, als ob jedes staatliche Handeln an sich schlecht wäre. Der Objektivismus geht jedoch davon aus, dass der Staat wesentlich ist für eine gerechte Gesellschaft, aber begrenzt sein muss auf den Schutz der individuellen Rechte. Solch ein Schutz involviert manchmal eine Auslandsintervention, so wie die Kriegführung gegen feindselige Staaten. Objektivisten können unterschiedlicher Meinung sein über militärische Prioriäten, wie die Frage, ob der Irak vor dem Iran hätte kommen sollen, aber niemand, den ich kenne, war im Prinzip gegen Krieg. Ich empfehle die Lektüre der Veröffentlichungen des Ayn Rand Institute zur weiteren Information." Dean Esmay befragt Cox und Forkum auch zu ihrer deutlich pro-Israel-Haltung: Forkum: "Unser Standpunkt ist, dass Israel, als ein freies Land, das Recht hat, sich militärisch gegen Terroristen zu verteidigen, wie es auch die USA tun. Israel wird gehasst von seinen Feinden- sowohl im Nahen Osten als auch im Westen- aus einer Anzahl von Gründen, ein nicht unwesentlicher davon ist der Anti-Semitismus. Aber ich denke, der primäre Grund ist etwas, was Ayn Rand 'den Hass auf das Gute, weil es gut ist' nannte. "

Mittwoch, September 01, 2004

Wie ich zum Objektivismus kam

Fabian: Bevor ich zum Objektivismus gekommen bin, habe ich in einem großen Krankenhaus im Ruhrgebiet als Zivi gearbeitet. Zu meinen Aufgaben gehörten Tätigkeiten wie der Transport von Patienten, Befunden, Blut und Leichen. Nach einigen Monaten dieser stimulierenden Arbeit traf ich einen Engländer, der einen Patienten besuchte. Wir kamen irgendwie ins Gespräch und er fragte mich, ob mir die Arbeit gefiele. Zurückhaltend und höflich wie ich bin, habe ich ihm in exzellentem Englisch (*ähem*) erzählt, dass ich mich wie ein Sklave fühle. Er hat mir erzählt, dass er in England Literatur unterrichtet und hat mir ein Buch empfohlen, das den seltsamen Titel The Virtue of Selfishness trug. Tage später dachte ich aus irgendeinem Anlaß über die Vorzüge meines Jobs nach. Möglicherweise war es meine durch Nachtschichten verursachte Müdigkeit oder bloß ein Penner, dessen Kotze ich wegwischen mußte. Vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass ich an einem Tag weniger verdiente als ich zuvor in einer Stunde verdient hatte. Jedenfalls fiel mir der Titel des Buchs wieder ein. Der Titel klang zwar ziemlich merkwürdig, aber ich dachte mir, dass das Buch vielleicht relevant für meine gegenwärtige Situation sein könnte.
Sieben Jahre später schreibe ich einen Eintrag in einem Forum genannt Objektivist, während ich auf das olympische Basketballfinale warte.
Es ist übrigens seltsam auf Deutsch über Objektivismus zu schreiben oder zu lesen. Ich hoffe, ich gewöhne mich daran. Jedenfalls bin ich froh darüber, dass ich in Deutschland nicht der einzige explizite Objektivist bin.

Martin: Irgendwann zwischen 2002/03 las ich in der Sportrevue ein Interview von Mike Mentzer, in welchem er unter anderem ein wenig über seine Philosophie erzählte. Seine Bücher waren schnell bestellt und immer wieder ging er in diesen kurz auf Ayn Rand ein. Auf seiner Homepage wurde ebenfalls The Fountainhead zum Kauf angeboten. Ich war sehr beeindruckt von seiner Persönlichkeit (und bin es noch), nie schien er mit sich selbst oder mit dem, was er tat, unzufrieden zu sein.
Bald darauf kaufte ich mir das Buch Der Ursprung. Ich verschlang es. Wer ist John Galt kaufte ich mir bald darauf. Dies sind bis jetzt meine einzigen Bücher von Ayn Rand. Auf Englisch habe ich diese Bücher nie gelesen.
Der Ursprung hat mein Denken stark beeinflußt. Anfangs war ich geschockt, da ich Parallelen zwischen mir und Peter Keating herstellen konnte. Für jemanden, der dachte, immer das Richtige getan zu haben, war das zu Beginn sehr demotivierend. War ich früher bekennender Altruist (bis zu einem gewissen Grad bin ich es heute noch, die Macht der Gewohnheit) und Anti-Kapitalist, so bin ich heute Objektivist und Kapitalist, und stolz darauf. Auch wenn es manchmal zu heftigen Streitereien zwischen mir, meinen Mitstudierenden und meinen Professoren kommt, wenn es um Ansichten politischer sowie wirtschaftlicher Dinge geht. Man kann nicht (bzw. will nicht) verstehen, dass ich zwar gegen Bush bin, aber ebenso gegen einen Michael Moore.
Mit Mike Mentzer hätte ich gern über den Objektivismus diskutiert, aber dieser ist mittlerweile verstorben. Ich schrieb also der Frau, die ihn jahrelang als Sekretärin begleitet hatte und die nach seinem Tod seine Firma übernahm, Joanne Sharkey. Sie arbeitet sehr intensiv daran, sein Erbe gebührend zu vertreten und vertritt dieselbe Philosophie und ich kann ihr dafür nur meine Hochachtung aussprechen. Diese Frau hat übrigens letztens entdeckt, dass die deutschen Bücher von Mentzer ohne Erlaubnis und ohne dafür Geld zu bekommen, übersetzt wurden und auf verschiedenen Websites verkauft werden. Sie wird bald gerichtlich gegen diese Plünderer vorgehen.
Wenn ich im Sommer 2005 fertig bin, gehe ich einen Monat arbeiten, mache einen Monat Ferien, dann zwingt mich der einjährige Zivildienst erstmal zur Sklavenarbeit.
Was ich dann mache, weiß ich leider noch immer nicht. Außer Bodybuilding, Objektivismus, Englisch und Geschichte interessiert mich leider nichts. Kinder möchte ich keinesfalls unterrichten - falls ich überhaupt Lehrer werde. Sollte ich unterrichten, dann nur Erwachsene. Vielleicht suche ich mir aber auch - wie meine Ex-Kolleginnen - vorher einen regulären Job. In einem objektivistischen Zentrum würde ich mit Begeisterung arbeiten ... aber so etwas gibt es ja leider weder in Deutschland noch in Österreich.

Thomas: Mein ehemaliger Schach-Lehrer hat mir zum Lesen Atlas Shrugged empfohlen. Atlas habe ich in zwei Wochen auf Englisch verschlungen, und dann immer mehr Bücher von Rand. Das war 1997. Ich studiere im "Endstadium" Elektrotechnik und werde hoffentlich bald als HF-Ingenieur arbeiten.

Wolfgang: Mein Interesse, und meine Begeisterung für den Objektivismus, hat sich ergeben aus der Beschäftigung mit dem Liberalismus, auf den ich im Jahr 1997 stieß durch einen Artikel in Die Welt oder Welt am Sonntag, in dem mehrere Bücher über und zum Liberalismus vorgestellt wurden. In der Folgezeit stieß ich zwar auch auf den Namen Ayn Rand und besuchte hin und wieder verschiedene objektivistische Websites, aber dies waren für mich nur einige unter vielen Informationsquellen. Regelmäßig besuchte ich damals die Website lewrockwell.com, eines paleo-libertären, d. h. anarcho-kapitalistischen, Informationsportals. Ebenso bewunderte ich allerdings auch den mittlerweile leider verstorbenen E. G. Ross, den objectiveamerican.com. Der Name der Website könnte zwar auf ein objektivistisches Angebot schließen lassen, allerdings hat sich Ross nicht als Objektivist verstanden, wenn auch sein philosophischer Hintergrund mit dem von Rand sicherlich vergleichbar ist. Der 11. September, die großen Terroranschläge gegen zentrale Institutionen des amerikanischen Kapitalismus, gaben dann für mich den Ausschlag, solche anarcho-kapitalistischen Sites wie lewrockwell.com zukünftig vollständig zu meiden, denn die Argumentation, Amerika die Schuld für die Terroranschläge in die Schuhe zu schieben und jede militärische Reaktion unter den Verdacht des Imperialismus zu stellen, erschienen mir widerwärtig und realitätsverleugnend. Die konsequente und kämpferische Haltung der Objektivisten hat mir den Anstoß gegeben, mich näher mit dem philosophischen Background dieser Menschen zu befassen, und ich mußte feststellen, dass es wirklich lohnt, dies zu tun.

Alexander: Mitte/Ende der 1980er habe ich, schon früh "wirtschaftsnah" denkend, die Wirtschaftswoche abonniert und regelmäßig von vorne bis hinten gelesen. Hinten (im Heft) war es auch, wo ich Bekanntschaft mit dem damaligen Herausgeber der WiWo, Prof. Wolfram Engels, gemacht habe. Seine Argumente für die Freiheit und den Kapitalismus haben mich auf Anhieb überzeugt. Nachdem ich das Prinzip "Freiheit" verstanden habe, habe ich rasch begonnen, radikaler zu denken. In der Retrospektive würde ich sagen, dass ich mich Anfang der 1990er langsam zum Anarchokapitalisten entwickelt habe, damals noch ohne zu wissen, dass dieser Begriff und die entsprechende Bewegung jenseits des Atlantiks überhaupt existierte. Gleichzeitig war ich, auch schon sehr früh, überzeugter Atheist und Fan des wissenschaftlichen Fortschritts. Als ich aus Neugier eine Broschüre von Neo-Tech bestellte, war ich bei deren Lektüre entzückt zu entdecken, dass jemand diese zwei Dimensionen meines Seelenlebens rhetorisch so gut auf den Punkt bringen konnte: Transhumanismus, Anti-Mystizismus und individuelle Freiheit. Man stelle sich vor, eine Gesellschaft ohne Tod und Steuern! Mir läuft heute noch ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke. Da ich damals die radikale Rhetorik von Neo-Tech und deren gesellschaftlichen/biotechnologischen Ziele zwar lustig und inspirierend fand, mir aber in deren unausgereifter "Philosophie" schnell Lücken auffielen, ließ ich mir von meiner Freundin, 1996 muss es gewesen sein, aus den USA Dr. Peikoffs wundervolles Werk Objectivism: The Philosophy of Ayn Rand mitbringen.

Ayn Rands Atlas Shrugged habe ich mir erst später, durch Fotokopie bei der Deutschen Bibliothek, zugänglich gemacht. Die Geschichte hat mich stellenweise, sprichwörtlich, zu Tränen gerührt. Danach habe ich mir immer mehr Nonfiction von Rand besorgt und begonnen, mich, im jetzt aktuell gewordenen, Internet nach anderen Objektivisten wie mich umzuschauen und selbst Texte zu übersetzen. Als ersten Objektivisten habe ich Thomas bei einer Veranstaltung von GEWIS kennen gelernt. Wir hatten in der Folgezeit eine ausgedehnte Korrespondenz, bei der wir die eine oder andere Schwierigkeit im Objektivismus diskutierten, unter anderem die Frage, ob nun Minarchismus oder Anarchokapitalismus logisch konsistenter wären. Mich hat damals die Argumentation von Roy Childs überzeugt, der vertrat, dass private Rechtsagenturen mit dem Non-Aggression-Principle eher vereinbar seien als traditionelle, selbst minimal auf Zwangsbesteuerung beruhende Staaten.

Dann kam der 11. September. Als ich die Bilder immer wieder im Fernsehen sah, glaubte ich fest, der dritte Weltkrieg sei ausgebrochen. Als sich dann herausstellte, dass islamische Terroristen die Urheber waren, wurde mir schnell klar, dass das alte Spiel Kapitalismus gegen Kommunismus endgültig ausgespielt war. Mein Lebenskonzept stürzte in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich mich vollkommen erholt habe, aber mir sind nun die veränderten Prioritäten in der Weltpolitik zu Bewusstsein gekommen -- und die Chance, die das für Objektivisten bietet .Der Konflikt der Ideologien ist keinesfalls vorbei, es haben sich nur seine Pole verschoben. Das neue Spiel heisst Aufklärung gegen Barbarei. Objektivisten haben nun die Chance, die intellektuelle Speerspitze der Aufklärung in einer neuen, dunkleren Ära zu werden. Dazu ist viel Arbeit notwendig. Wir können uns glücklich schätzen, mit Wolfgang einen talentierten Kommunikator mit journalistischem Talent in unserer Mitte zu haben, der diese Arbeit in Deutschland begonnen hat. Es liegt nun an uns, bei dieser Arbeit zu helfen, wo es nur geht.

Die Sanktion des Bösen

Der Philosoph Harry Binswanger vom Ayn Rand Institute bespricht in einem Beitrag für das capitalismmagazine.com das Buch "Lies and the Lying Liars: Who Tell Them" von Al Franken - und verreißt es. Auf die Begründung dieses Verrisses möchte ich aber nicht weiter eingehen, sondern auf eine Bemerkung von Binswanger, die ein mit dem Objektivismus wenig vertrauter Leser vielleicht überlesen könnte. Binswanger hat sich Frankens Buch nicht einfach gekauft und dannn gelesen, sondern ist lediglich in eine Buchhandlung gegangen und hat dort nur ungefähr zehn Minuten in dem Buch geschmökert. Er begründet dies damit, dass er Franken durch den Kauf des Buches nicht "sanktionieren" wolle.

Hinter dem von Objektivisten verwendeten Begriff "moralische Sanktion" verbirgt sich die Idee, seinen Feinden keinerlei Unterstützung oder Hilfe zukommen zu lassen. Rand ging davon aus, dass das Böse nur dadurch existieren könne, weil es sich in irgendeiner Weise vom Guten nährt. Bei ihrer letzten öffentlichen Rede vor Geschäftsleuten forderte Rand diese auf, antikapitalistische Institutionen nicht mehr zu unterstützen: "Es ist ein moralisches Verbrechen, Geld zur Unterstützung von Ideen auszugeben, mit denen man nicht übereinstimmt. Es ist ein moralisches Verbrechen, Geld auszugeben, um seine eigene Zerstörung zu unterstützen." Die bösen Figuren brauchen die Sanktion der guten Menschen, um sich gerechtfertigt zu fühlen in ihrem bösartigen Tun. Rand sah sogar ein Schweigen in bestimmten Situationen, wo dieses objektiv als Zustimmung oder Sanktion des Böse gewertet werden könnte, als moralisch verwerflich an. Mindestens solle man dann feststellen, dass man nicht übereinstimmt. Konsequenterweise verwarf Rand auch den Kompromiss als dumme und destruktive Idee. Die Frage stellt sich allerdings, und ist unter Objektivisten umstritten, wer oder was böse ist und wann eine Sanktion überhaupt vorliegt. Dass kommunistische oder faschistische Organisationen oder Ideen nicht unterstützt werden sollten, ist eindeutig und klar, aber wie verhält es sich mit libertären Organisationen, die sich nicht als objektivistisch verstehen. Ist bereits die Rede eines Objektivisten bei einer Veranstaltung von Libertären eine Sanktion des Bösen? Das Ayn Rand Institute sieht den libertarianism als inhärent böse an. Im Jahr 1989 wurde David Kelley nach einem Vortrag vor Libertären formell von Leonard Peikoff verurteilt. Später verließ Kelley dann das Ayn Rand Institute und gründete eine eigene Organisation, die heute The Objectivist Center heißt. In seinem Buch Objectivism: The Philosophy of Ayn Rand scheint Leonard Peikoff auf die libertarians anzuspielen, wenn er schreibt: "In der Regel sind die Verteidiger des Kapitalismus schlimmer gewesen -mit größerer offener Irrationalität- als seine Gegner."

Für Ayn Rand war die Notwendigkeit, das Böse zu verurteilen, ein moralisches Prinzip. Welche Bedeutung moralische Prinzipien für Objektivisten haben, macht Peter Schwartz in seinem Aufsatz On Moral Sanctions deutlich: "Die moralischen Prinzipien des Objektivismus identifizieren die Art von Handlung - die einzige Art von Handlung -, die sich in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Realität befindet und die deshalb nützlich für das Leben des Menschen ist." Dass Libertarismus etwas Böses verkörpert, daran läßt Peter Schwartz in seinem Aufsatz keinen Zweifel: "Ist der Libertarismus eine bösartige Doktrin? Ja, wenn das Böse das Irrationale und Destruktive ist. (...) Subjektivismus, Amoralismus und Anarchismus sind nicht nur in gewissen 'Flügeln' der libertären Bewegung präsent; sie sind ihr integraler Bestandteil." Daraus folgt für Schwartz natürlich zwingend, dass der Libertarismus, wie andere vergleichbare Bedrohungen auch, boykottiert und verurteilt werden müssen, was eben David Kelley unterlassen hatte. Eine Kosten-Nutzen-Analyse könne nur dann durchgeführt werden, wenn eine Handlung als übereinstimmend mit moralischen Prinzipien beurteilt worden sei, so Schwartz weiter.

Logan Feys weist in seinem Aufsatz Libertarianism - An Objective Evaluation allerdings daraufhin, dass bei Peter Schwartz Worte und Taten nicht übereinstimmen. Schwartz hatte früher selbst für das libertäre Magazin Reason geschrieben, was Schwartz später als Fehler bezeichnete. Selbst das Ayn Rand Bookstore (ARB) bietet immer wieder Werke von Autoren an, die als libertär bezeichnet werden können, so zum Beispiel Henry Hazlitt und Ludwig von Mises, die sich bis zum heutigen Tag im Programm des Ayn Rand Bookstore befinden. Vor kurzem -im Frühjahrskatalog 2001 des ARB sogar auf der Titelseite - bot das Ayn Rand Bookstore auch ein Buch von Larry Elder an, der sich selbst ausdrücklich als Libertärer bezeichnet. Persönlichkeiten wie Hazlitt oder von Mises werden allerdings vom Ayn Rand Institute und dem Ayn Rand Bookstore in das Lager des Konservatismus eingeordnet, um den Problem auszuweichen, Libertäre "sanktionieren" zu müssen. Wer sich allerdings das Lexikon des Konservatismus ansieht, entdeckt zwar einen recht umfangreichen (und wohlwollenden) Beitrag über Ludwig von Mises, der Autor läßt allerdings keinen Zweifel daran aufkommen, dass von Mises als ein Vertreter des Klassischen Liberalismus angesehen werden muss, auch wenn der Autor von Mises' Inspiration auf den amerikanischen Konservatismus anerkennt. Henry Hazlitt wird im genannten Lexikon als "Libertärer" bezeichnet. Auch der liberale Autor Gerd Habermann bezeichnet von Mises in seinem Buch Der Wohlfahrtsstaat als "Erzvater des wiedererstarkten Liberalismus."
Ayn Rand selbst hatte in einem Interview im Jahr 1964, anders als Schwartz, durchaus differenziert das libertäre Lager betrachtet, wenn auch ihre späteren Äußerungen zunehmend negativer wurden. Auf die Frage, ob es "Konservative" gebe, die eine rationale Rechtfertigung für die Kapitalismus lieferten, sagte sie: "Oh ja, die gibt es. Gewöhnlich nennt man sie Liberale ("libertarians"). Dies ist eine Gruppe, welche zum Beispiel Ludwig von Mises und Henry Hazlitt als ihre besten Exponenten einschließt. Sie sind Verteidiger des Kapitalismus auf einer nicht-mystischen, wissenschaftlichen Basis."

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