Dienstag, Mai 04, 2004

Buddhismus - Eine Anti-Leben-Philosophie

Keine Frage - Buddhismus boomt in den USA. Innerhalb der letzten 15 Jahre hat sich die Zahl der buddhistischen Zentren im Land der "angewandten Aufklärung" mehr als verdoppelt. Ausgerechnet in der kalifornischen Stadt Irvine, Sitz des Ayn Rand Institute (ARI), fand kürzlich eine Veranstaltung mit dem Dalai Lama, dem Friedensnobelpreisträger und geistigem Führer der Buddhisten, statt, bei der 115 Spitzenmanager jeweils 100 $ für ihrer Anwesenheit zahlen durften. Ungefähr vier Millionen Amerikaner praktizieren derzeit die fernöstliche Religion. Der Begriff "Religion" ist in Bezug auf den Buddhismus allerdings durchaus umstritten, da dem Buddhismus gewissen Attribute fehlen, die gemeinhin Religionen zugeschrieben werden. So meidet der Buddhismus das Wort "Gott" und kennt auch keine unsterbliche Seele. Das Konzept der Reinkarnation, dass der Buddhismus vertritt, setzt allerdings die Existenz irgendeiner göttlichen Instanz voraus, denn wer sollte sonst darüber entscheiden, ob jemand als Küchenschabe oder als heiliges Lama wiedergeboren wird. So lässt sich sicherlich behaupten, dass der Buddhismus auch bei Vermeidung des "G-Wortes""funktionell theistisch" ist, wie der Wissenschaftsjournalist John Horgan schreibt.

Joshua Zader vertritt auf seiner Website die Auffassung, dass Objektivismus und Buddhismus komplementär und nicht antithetisch seien. Zu dieser Einschätzung kann er allerdings nur kommen, wenn er den Buddhismus sämtlicher philosophischer Inhalte entledigt und auf bestimmte "Praktiken" reduziert, die das persönliche Wohlbefinden eines Menschen steigern sollen. Unter dieser Voraussetzung kann man sicherlich behaupten, Objektivismus und Buddhismus seien komplementär, wie Objektivismus und vegetarische Ernährung, Objektivismus und Bogenschiessen etc. komplementär sein können. Nur welchen Sinn macht es, über die Komlementarität von Objektivismus und Buddhismus zu sinnieren, wenn Zaber selbst, wie er schreibt, davon ausgeht, dass der Buddhismus "inhärent fehlerhaft" sei, und nicht mit dem Objektivismus vergleichbar wäre? Wenn es Zader wirklich nur um Meditiationspraktiken gehen würde, könnte er den Buddhismus verwerfen und ausschließlich über die Vereinbarkeit von Meditation und Objektivismus reflektieren. Dass er dies nicht tut, könnte zumindest den Verdacht aufkommen lassen, dass er mehr vom Buddhismus retten möchte als er explizit zugibt.

Einen sehr ernüchternde Blick auf den Buddhismus wirft hingegen John Horgan, der ihn nicht für rationaler hält als den Katholizismus seiner Jugend. Die moralische und methaphysische Weltsicht des Buddhismus, so Horgan weiter, könne "nicht leicht mit der Wissenschaft - oder, allgemeiner, mit modernen humanistischen Werten versöhnt werden."
Die von Buddhisten und alternativen Medizin-Gurus so sehr beschworenen Erfolge der Meditation stehen auf empirisch wackligen Beinen: "Ja, sie kann Stress reduzieren, aber, wie sich herausgestellt hat, nicht mehr als beim einfachen Sitzen auch. Meditation kann sogar Depression, Angst oder negative Emotionen bei bestimmten Menschen verstärken." Anders als der Objektivismus, der eine Philosophie für das Leben auf der Erde ist, impliziert der Buddhismus eine Entfernung vom normalen Leben als den Weg der Erlösung. So schreibt Helmuth von Glasenepp in seinem Buch Die fünf Weltreligionen über das Leben des Religionsgründers Buddha: "Um sein Herz von aller Leidenschaft zu lösen, hatte der an jede Art von Luxus gewöhnte Prinz dem Wohlleben entsagt und war während des größten Teiles seines Lebens als heimatloser Asket umhergezogen, nur von Almosen lebend. Daß es ihm gelungen ist, durch strenge Sinnenzügelung alle Begierden, alle Gefühle von Zorn und Haß und alle Verblendung in sich zu ertöten, wird von den Texten übereinstimmend behauptet." Die hier angesprochene "Sinnenzügelung" bezieht sich auf ALLE Wünsche, selbst der Wunsch nach einer Liebesbeziehung oder einer guten Gesundheit, aber auch der Wunsch nach Nahrung oder Bekleidung, werden als Hindernisse auf dem Weg des Menschen ins "Nirvana", dem ewigen Frieden, angesehen. In unverhohlener Form wird auch Altruismus gefordert: "Von allen Geschöpfen ist kein Einziges nicht dein Vater oder deine Mutter gewesen. Um die Güte dieser Geschöpfe zu erwidern, mach dich daher daran, für ihr Wohlergehen zu wirken."

Im Gegensatz zu anderen Religionsstiftern enthielt sich Buddha bei der Verbreitung seiner Lehre allerdings jeder fanantischen Unduldsamkeit. Die Toleranz und friedfertiger Gesinnung der Buddhisten ist Ausdruck eines Nihilismus, für den menschliches Leid und der Tod nur triviale Ereignisse sind. In der Worten des "Erhabenen" an seine Jünger: "Auch wenn Räuber und Mörder einem mit einer Säge Glied für Glied abschnitten, wer darüber zornig würde, der handelt nicht nach meiner Lehre. Denn auch in einem solchen Fall sollt ihr euch also üben: Nicht soll unser Denken sich verändern, nicht wollen wir ein böses Wort von uns geben, sondern gütig und mitleidig bleiben, voll freundlicher Gesinnung und ohne Haß." Der Buddhismus will den Menschen von den Leiden des Lebens erlösen, indem er ihn auffordert, sein Selbst zu negieren, es als Illusion zu betrachten, um jedes Leiden als belanglos zu akzeptieren. Dies macht den Buddhismus in der Tat völlig unvereinbar mit dem Objektivismus. Wayne Dunn, der über politische und kulturelle Themen aus einer objektivistischen Sicht schreibt, kommt zu dem Ergebnis, dass der Buddhismus Anti-Leben ist: "Es ist schwer, sich ein Glaubenssystem vorzustellen, dass mehr Anti-Leben ist."